Gigerheimat: Werte

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3. Hintergründiges zu einem Begriff:

Lebensgestalter - Licht und Schatten in einem Leitbild

Vor ein paar Tagen traf ich meinen Nachbarn Willy dabei an, wie er größere Mengen Erde den Hang oberhalb unserer Häuser hochschleppte. Nach Erklärungen für sein Tun gefragt, wies er auf ein größeres Stück nackten Felsens im Hang und erklärte, er wolle diesen Felsen, der offenbar vor vielen Jahren im Zusammenhang mit dem Bau der Straße ans Licht gekommen war, wieder mit Erde zudecken. Das sei nur Schritt für Schritt möglich, jede neue Schicht müsse erst von Pflanzenwurzeln befestigt werden, ehe daran gedacht werden könne, die nächste aufzutragen, weshalb die ganze Aktion sicher etliche Jahre lang dauern werde.

Willy faßt dieses weit weg liegende Ziel nicht etwa aus Notwendigkeit ins Auge, der nackte Feld bedroht nichts und niemanden. Es handelt sich um ein ausschließlich ästhetisches Projekt zur Verschönerung der eigenen Umwelt - wobei Willy seine Zeit und Energie kaum zum eigenen langfristigen Nutzen investiert: Er ist bereits hoch in den Siebzigern.

Nach diesem kurzem Geplauder setzte ich meinen schöpferischen Spaziergang fort, doch bereits nach wenigen Metern überfiel mich die Erkenntnis: Das ist ein Lebensgestalter im klassischen Sinne von Walter Lippman !

Nun sollten Sie aus dieser Bemerkung keine falschen Schlüsse auf meine Gelehrsamkeit ziehen, ich bin alles andere als ein Bücherwurm, der seine Nase erst einmal wochenlang in alte Folianten steckt, wenn er sich mit einem Begriff beschäftigt. In diesem Falle allerdings hatte ich tatsächlich gerade die Lektüre eines Buches vollendet, das sich als wahre Fundgrube für unser Thema erwies: Richard Sennett: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus (Berlin Verlag, 1998).

Dieses Buch hat seine Vorschußlorbeeren mehr als verdient. Sennett beschreibt in sehr erhellender Weise den tiefgreifenden Wandel in der kapitalistischen Kultur, vor allem aber dessen Auswirkungen auf Identität und Selbstbild der davon betroffenen Menschen. Er operiert dabei mit nachvollziehbaren Begriffen wie "Routine" und "Flexibilität", aber auch "Risiko" und Scheitern", und er verknüpft diese Begriffe mit dem realen Schicksal konkreter Menschen. Das Thema "Risiko" etwa schildert er anhand der Barbesitzerin Rose, die ein Risiko eingeht, indem sie in die Spirituosenwerbung wechselt, um dort ihre praktische Erfahrung einzubringen. Warum sie dabei scheitert und ein Jahr später wieder in ihre Bar zurückkehrt, liest sich spannend wie ein Roman - und das ist in diesem Falle weit mehr als eine Floskel.

Eine Gruppe entlassener Programmierer von IBM dient zur Illustration dafür, wie Scheitern bewältigt wird. Und damit ist auch schon klar, daß Sennett nicht einfach das Hohelied des neuen Kapitalismus mit grenzenlosen Freiheiten singt, sondern ebenso sehr die Schattenseiten im Auge hat - was im englischen Originaltitel bereits zum Ausdruck kommt: The Corrosion of Character.

Es macht natürlich wenig Sinn, hier das ganze Buch zu wiederholen, Sie lesen es am besten selber. Einige Inspirationen daraus kann und will ich Ihnen aber nicht vorenthalten, zumal sie alle eng mit unserem Thema verwoben sind: dem Wandel von Identitäts-Leitbildern an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend.

Wie so oft wirkt dabei ein Blick zurück erhellend. Der erwähnte Walter Lippman etwa, ein amerikanischer Journalist, schrieb am Vorabend des ersten Weltkriegs ein Buch mit dem Titel Drift and Mastery. Dem driften, also dem ziellosen Herumtreiben, stellte er sein Ideal eines gemeisterten, langfristig angelegten und mit Konsequenz durchgezogenen Lebensentwurfs entgegen. Nur ein so gemeistertes, im ursprünglichen Sinne auf eine Karriere, also eine geplante Laufbahn hin angelegtes Leben war in Lippmans Augen ein sinnvolles und erfülltes Leben - und das galt für alle Schichten der Bevölkerung.

Man muß aus seinem Leben etwas machen, und das setzt Eigenverantwortung, Zielstrebigkeit, Selbstdisziplin voraus: Beherrschung bedeutet, daß man die bewußte Absicht an die Stelle des unbewußten Strebens setzt. Das ist Lebensgestaltung pur.

Wenn Sie bei der Geschichte mit Willy übrigens an Luthers berühmten Spruch Und wenn morgen die Welt unterginge, so würde ich doch heute noch ein Bäumchen pflanzen gedacht haben, dann teilen Sie diese Einschätzung der Wurzeln einer Haltung, wie sie Lippman beschreibt, mit Herrn Sennett. Auch er befaßt sich ausgiebig mit dem protestantischen Arbeitsethos und bezeichnet Luther als den Vater der Theologie des Individuums, die ausdrücklich eine Philosophie der Lebensgestaltung vertritt: Das protestantische Individuum muß seine Lebensgeschichte so formen, daß sie ein sinnvolles, würdiges Ganzes ergibt. Der einzelne wird nun ethisch für seine gelebte Zeit verantwortlich.

Ohne diese protestantische Ideologie der individuellen Eigenverantwortung würde ich heute kein Buch über Lebensgestaltung schreiben, und Sie würden keines lesen: es handelt sich dabei um eine entscheidende Entwicklung in der Geistesgeschichte - auch wenn deren Überspitzung in der Theologie Calvins, deren Gott nur die gnadenlose Botschaft kennt Mühe Dich stärker. Was immer ist, ist nicht genug !, bekanntlich nicht gerade zu freudevollen Menschenkindern geführt hat.

Luther war allerdings nicht der erste, der sich mit dem Thema Lebensgestaltung befaßt hat. Bereits Pico della Mirandola, ein Renaissancephilosoph aus Florenz, stellte in seiner Rede über die Würde des Menschen die entscheidenden Fragen:

Was soll ich mit mir tun ? Wie soll ich mein Leben gestalten ?

Und Picos Antwort ist klar: Es ist unedel, nichts aus sich herauszubringen. Unser Werk auf der Welt ist es, zu schaffen, und die größte Schöpfung ist die Gestaltung unserer eigenen Lebensgeschichte.

Wir könnten diese Spuren stundenlang weiterverfolgen, doch soll es uns genügen festzustellen, daß das Konzept der Lebensgestalter entscheidende Wurzeln in Renaissance und Protestantismus hat. Und daß es erfolgreich war.

Das galt lange, so zeigt Sennett anschaulich, keineswegs nur für klassische bürgerliche Karrieren, sondern auch im Milieu einfacher, aber stolzer Arbeiter: Ein gestaltetes Leben in Eigenverantwortung, langfristig orientiertes Handeln, Loyalität, Erfahrungen sind Werte, die es auch Menschen in diesem Milieu ermöglichten, eine Lebensgeschichte zu "schreiben", die ein sinnvolles Ganzes bildet. Willys Plan, den Fels zu verschönern, ist ein wunderbarer Ausdruck dieses Charakters, der im übrigen den Wohlstand der letzten Jahrzehnte geschaffen hat.

Sennett beschreibt als ein anderes Beispiel den Hauswart Enrico, der all diese Tugenden wie Gradlinigkeit, Konsequenz, langfristige Planung, Eigenverantwortung und Selbstdisziplin lebte und daraus ein großes Stück Würde bezog. Natürlich war in einer solchen Biografie der Freiheitsspielraum eingeengt, aber er war andererseits auch klar strukturiert, und so konnte man die bestehenden Spielräume ausnutzen und hatte erst noch ein großes Stück Planungssicherheit.

Diese Form des realisierten Ideals von Lebensgestaltung im klassischen Sinne läßt sich noch immer finden - ich habe etwa das persönliche Glück, sie in Form meiner Eltern personifiziert erlebt zu haben.

Doch jetzt kommt der Bruch. Plötzlich - und das heißt in kulturhistorischen Dimensionen nicht von heute auf morgen, aber immerhin von einer Generation zur nächsten - zählt das klassische Lebensgestalter-Modell nichts mehr. Sennett zeigt dies am Sohn von Enrico, den er Rico nennt: Gut ausgebildet, hat er keine langfristige Karriereplanung mehr, sondern ergreift die Gelegenheiten, die sich ihm bieten, wechselt Job und Wohnort, ist dabei so flexibel, daß er auch mal seiner Frau folgt, als die einen besseren Job anderswo erhält, und daß er einer drohenden Entlassung durch den Sprung in die Selbständigkeit zuvorkommt. Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Risikobereitschaft sind die jetzt gefragten Werte, Loyalität zu einem Arbeitgeber ist out, Job-Hopping wird zur reinen Überlebensstrategie.

So wie ich in Sennets Schilderung von Enrico viel von meinem Vater gesehen habe, so habe ich mich selber in der Beschreibung Ricos ein ganzes Stück wiedererkannt, und kann es so aus eigener Anschauung bezeugen: Der Bruch ist gewaltig.

Immerhin geht es um eine weitgehende Umwertung: Genau das, was Lippman mit dem Wort Drift noch verabscheuenswürdig fand, das wird nun propagiert: Herumtreibenlassen und jene Gelegenheiten ergreifen, die vorbeitreiben. Keinen klaren Kurs mehr setzen, sondern die günstigsten Winde nutzen. Wir haben es also mit einer vollständigen Umkehrung der Werte zu tun: Hieß es früher Mastery statt Drift, so heißt es heute genau umgekehrt Drift statt Mastery.

Dieser Kulturbruch hat natürlich seine Gründe, er entspringt nicht einfach der willkürlichen Laune einiger neoliberaler Denker. Sennett selbst bringt das entscheidende Stichwort ins Spiel: der neue Kapitalismus.

Das ist natürlich eine hochkomplexe Geschichte, die wir hier nicht aufdröseln können. Zwei Begriffe müssen genügen: Globalisierung und Informationsvernetzung. Globalisierung heißt im Klartext, daß geschützte Biotope verschwinden und daß somit das Konkurrenz- und Wettbewerbsprinzip alle Wirtschaftsbereiche überall erfaßt; Informationsvernetzung bedeutet, daß komplizierte hierarchische Strukturen unnötig werden, weil jede mit jedem jederzeit und überall ein auf abgegrenzte Aufgaben-stellungen konzentriertes Team bilden kann.

Konsequenz: Eine Lebensplanung, die auf eine ungestörte Karriere in einem geschützten Raum basiert, wird illusorisch, erfolgreich wird nur noch sein, wer im omnipräsenten Wettbewerb ausreichend Trümpfe einbringen kann: Dynamik. Risikobereitschaft. Kreativität.

Der Preis ist heiß für die Sieger in diesem Wettbewerb: Mehr Selbstbestimmung. Mehr Eigenverantwortung. Mehr Freiheit. Das sind, um das mal vorwegzunehmen, lauter Werte, die Lebensgestaltern wichtig, ja beinahe heilig sind. Ist die schöne neue Welt des freien Wettbewerbs also das ideale Biotop für Lebensgestalter ? Betrachtet man die Sprache, in der heute neue MitarbeiterInnen gesucht werden, so könnte man auf die Idee kommen: Jede Putzfrau sollte heute risikofreudig und innovativ sein, wofür ihr ein erhöhtes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung offeriert wird.

Gute Zeiten also für Lebensgestalter, deren Grundwerte wie Eigenverantwortung gleich geblieben sind ? Haben sich nur die Formen den neuen Erfordernissen angepaßt: flexibel statt gradlinig ? Ohne Zweifel gibt es diese Lichtseiten im Leitbild des modernen Lebensgestalters. Ich wäre der letzte, der sich das Ausmaß an stumpfsinniger Routine zurückwünschen würde, die noch das Arbeitsleben meines Vaters geprägt hat, und daß es ein großes Maß an Freiheit braucht, um das aus sich zu machen, was in einem werden will, habe ich dankbar am eigenen Leib erfahren: Freiheit ist immer eine Chance.

Daran hat wohl auch der CDU-Querdenker Lothar Späth gedacht, als er neulich ein drastisches Bild brauchte: Die Wirtschaftssubjekte hätten bisher wohlbehütet im Zoo gelebt und würden nun in die freie Wildbahn entlassen. Juhu !

Wenn man sich auf dieses unverblümte Bild etwas näher einläßt, kommt allerdings Skepsis auf: Zootiere in die Freiheit zu entlassen, ist bekanntlich alles andere als unproblematisch. Das wissen auch die Propagandisten der neuen Freiheit. Jüngst hörte ich in irgendeiner TV-Diskussion ein weiteres unverblümtes Bild: Das Rhinozeros, aus dem Zoo entlassen, stünde untätig im Käfigtor rum. Erst wenn am Horizont eine attraktive Rhinozeros-Dame auftaucht, setzt der in die Freiheit entlassene Herr Rhinozeros seinen Hintern in Bewegung.

Nun macht es ja sicher Sinn sich zu überlegen, wer oder was die Rolle der attraktiven Rhinozeros-Dame übernehmen könnte, denn die letzten sicheren und kuscheligen Zoos werden derzeit dicht gemacht. So etwas wie eine Arbeitsplatzgarantie gibt es nicht mehr, und das liegt nicht einfach am bösen Willen einiger fetter Kapitalisten. Selbst eine Wirtschaft wie jene Japans, wo das Modell eines fairen Tauschs zwischen der Loyalität des Arbeitnehmers zur Firma und der entsprechenden lebenslangen Sicherheit des Arbeitsplatzes ein elementarer Bestandteil der Kultur ist, geht es beim besten Willen nicht mehr.

Zurück zu den alten Zuständen zu wollen ist also weder wünschenswert noch überhaupt möglich. Die Zukunft gehört tatsächlich dem flexiblen Lebensgestalter.

Was uns nicht daran hindern soll, auch die Schattenseiten in diesem Leitbild zu sehen. Das tut auch Sennett in seinem Buch, und er muß auf Schatten verschiedenster Art verweisen. Da ist am Anfang ganz banal, aber nichtsdestotrotz entscheidend der Hinweis darauf, daß es im freien Wettbewerb in der Regel nur eine Handvoll Sieger geben könne, der auf der anderen Seite Heere von Verlierern gegenüber stünden. Und die Sieger hätten einen fatalen Hang dazu, die Verlierer als Sozialparasiten auszugrenzen, nicht bedenkend, daß Risikobereitschaft immer auch die Möglichkeit des Scheiterns beinhaltet.

Eine weitere negative Folge der neuen Flexibilität sieht Sennett bei den Unternehmen: Die systematische Entwertung von Erfahrungswissen löse zwar verkrustete Strukturen auf, verzichte aber fatalerweise auf die darin steckenden Werte. Oder die Delegation von Verantwortung an Ad-hoc-Teams führe zwangsläufig dazu, sich nur noch auf die Oberfläche zu konzentrieren, keine Tiefe mehr erreichen zu können - ganz abgesehen davon, daß sie einen neuen Typ von Macht schaffe: Macht ohne Verantwortung.

Schließlich sieht Sennett selbst die Sieger in diesem Spiel betroffen. Rico etwa ist durchaus erfolgreich in seiner driftenden Lebensgestaltung, aber er vermißt ein entscheidendes Element: die langfristige Perspektive. Wer immer wieder umzieht, kann zwar neue Kontakte knüpfen, aber es fehlt eine entscheidende Dimension: eine gemeinsam erlebte Geschichte. Zudem leidet Rico unter der Gegensätzlichkeit seiner Werte-Welten: Im Beruf gibt es keine langfristige Perspektive, keine Kontinuität, keine Stabilität - im Privatleben dagegen will er genau das, und er möchte solche Werte wie Zielstrebigkeit und Loyalität auch seinen Kindern weitergeben - bloß wie, wenn es keine langfristigen Ziele mehr gibt und niemanden, der längerfristiger Loyalität würdig wäre ?

Sennett bringt dieses Leiden auf den Punkt, indem er ein wunderschönes Sprachbild entwirft: Der Mensch hätte, so sagt er, ein tiefes Bedürfnis danach, sein Leben als zusammenhängende Geschichte erzählen zu können. Eine solche Geschichte hat einen ordentlichen Anfang, eine Mitte und einen ebenso ordentlichen Schluß, und die einzelnen Elemente entwickeln sich logisch und stimmig auseinander. Wenn Willy eines Tages die Geschichte vom zugedeckten Felsen erzählen wird, wird es eine solche geschlossene und zusammenhängende Geschichte sein.

Die Geschichten von Lebensgestaltern des heutigen "flexiblen" Typs sind nicht mehr von dieser Gestalt, es gibt kaum noch einen roten Faden, sondern nur unverbundene Bruchstücke, Fragmente. Das heißt: Wir können nicht nur nicht mehr unsere eigene Lebensgeschichte schreiben, wie es noch Pico als größte Schöpfung von Lebensgestaltern gefordert hatte, wir können auch Lebensgeschichten, sei es die eigene oder andere, nicht mehr lesen.

Diese hier nur kurz wiedergegebenen Hinweise auf die Schattenseiten des neuen Bildes vom idealen Lebensgestalter bietet reichlich Stoff zum Nachdenken: Könnte es sein, daß eine als unerbittlich und unveränderlich erscheinende neue äußere Situation - der "neue Kapitalismus" - eine an sich positive Seite der Menschen, ihre Kreativität und Eigenverantwortung, ihre Flexibilität und Anpassungsbereitschaft, so stark fordert und fördert, daß dadurch andere elementare menschliche Seiten, seelische, zwischenmenschliche, soziale, zu kurz kommen ?

 Ist der neue Lebensgestalter also ein cooler Superman, dem aber jede menschliche Wärme fehlt ? Ist die neue Lebensgestalterin eine Meisterin des kurzfristigen Driftens und Surfens ohne jede langfristige Perspektive, die wiederum die Voraussetzung für stabile Gefühle und soziale Beziehungen ist ?

Nicht nur Sennett stellt sich solche Fragen, auch wir haben sie SensoNet gestellt - wenn auch indirekt. Schon ein erster flüchtiger Blick auf die Antworten zeigt, daß solche Fragen wenigstens teilweise bejaht werden. Das Leitbild der Lebensgestalter hat also nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch seine Licht- und Schattenseiten. Was, soviel sei vorweggenommen, bedeutet, daß "Lebensgestalter" nicht zum Ideal-Bild taugen. Sondern tatsächlich bestenfalls zum Leit-Bild.

Anders als ein Idealbild, das man nur vollumfänglich übernehmen (oder ablehnen) kann, läßt uns ein Leitbild die Wahlfreiheit. Wir können, als Individuen wie als Gesellschaft, aus einem Leitbild das übernehmen, was uns gefällt, andere Elemente als noch verbesserunsgswürdig betrachten und schließlich jene Teile, die uns gar nicht gefallen, durch etwas Besseres ersetzen.

Bevor wir jedoch diese Wahlmöglichkeiten im Leitbild der Lebensgestalter nutzen können, müssen wir es erst einmal besser, sprich auch differenzierter kennenlernen.

Wir werden dies tun, sobald wir noch einen Blick darauf geworfen haben, mit welchen Methoden wir das Leitbild Lebensgestalter gemalt haben.

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