Gigerheimat: Worte
Gigers neues Buch

 

Aus "Appenzeller Zeitung", 9. Januar 2008

Reifen sie!

Zukunftsphilosoph Andreas Giger propagiert in seinem neusten Buch die Lebensqualität im Alter

WALD. Die höchste Lebensqualität kommt im Alter: Diese These vertritt der Ausserrhoder Zukunftsphilosoph Andreas Giger in seinem neusten Buch.

PHILIPPE REICHEN

Gigers aktuellstes Anliegen heisst: "Wir brauchen neue Altersbilder, die alten, klassischen taugen nichts mehr." Den Impuls dazu fand er in unserer ökonomisch unterwanderten Alltagskultur und -sprache. Da werden angehende Senioren mit den Marketing-Begriffen "Golden Ager" oder "Generation 50 plus" bezeichnet. Die demographische Entwicklung stärkt das philosophische Projekt als hartes Faktum: Setzt sich der demographische Trend fort, wird es je länger je mehr ältere Menschen geben. Dazu kommt, dass die Menschen dank medizinischer Fortschritte immer älter werden. Das sind nur einige der Grundlagen, von denen der in Wald lebende Schreiber und Denker ausgeht.

"Befinden uns im Chaos"

Um AuffäIligkeiten ist Andreas Giger nicht verlegen. Im Untertitel seines neusten Buches heisst es: "Warum Falten sexy werden." Wie ernst ist ihm der Titel? Andreas Giger lacht. Er sei natürlich eine Übertreibung. Generell, so Gigers These, befinden wir uns in der Wertschätzung des Alters in einem Wertewandel und daher in einer Art Chaos. "Da müssen wir einfach durch", schreibt er.

Giger, ein Freigeist

Andreas Giger ist ein gut organisierter Patchwork-Philosoph. Wo sich ihm etwas anbietet, greift er zu und presst es in sein Konzept. Berührungsängste scheint er keine zu kennen, bei der universitären Philosophenzunft aber auch keine wirklichen Freunde zu haben. Für diese Gruppen ist er ein zu grosser Freigeist. Nur schon in der Sprache unterscheidet sich der Zukunftsphilosoph fundamental von der akademischen Lehre. Diese Spaltung sucht er. Während sich das philosophische Establishment im Wiederkäuen und Verstehen alter Weisheiten übt und neue Gedanken darauf aufbaut, geht es Andreas Giger um Neues, ums Werden, um unsere Zukunft. Der Philosoph: "Ich interessiere mich für den dynamischen Aspekt der Welt, nicht für die Frage nach dem Sein, sondern für die Frage nach dem Werden." Die Philosophie-Geschichte bekommt da nur wenig Platz.

"Ich reife, also bin ich"

Der Soziologe und Medienwissenschafter - heute nennt er sich Zukunftsphilosoph - liebt den spöttischen Ton. Er macht auch vor Übervätern in der Philosophie-Geschichte nicht halt.

Der französische Philosoph Rene Descartes brachte die Aufklärung mit der lateinischen Phrase auf den Punkt: "Cogito, ergo sum" (Ich denke, also bin ich). Giger schreibt in seinem Buch dagegen: "Ich reife, also bin ich." Und das meint er durchaus ernst, denn "Irritation kann der Beginn eines Erkenntnisprozesses sein", wie er sagt. Wobei er schon mal den Mahnfinger erhebt: Wer älter wird, reift nicht automatisch. Aber: Reife muss das Ziel sein, denn "reife Lebensqualität ist das Wesen wahrer Lebenskunst."

Wer ist Gigers Elite'?

Das Datenmaterial, auf dem Andreas Giger seine Thesen aufbaut, hat er sich als ausgebildeter Soziologe selbst organisiert. Auf Homepages bittet er seine Cyber-Community - er nennt sie "Bewusstseins-Elite" -, zu den von ihm offerierten Fragen Stellung zu nehmen. Die Auswertungen samt Statistik präsentiert er in seinen Büchern. Diese zeigen ihm ein klares Bild: Die Jahre vom 50. bis zum 64. Lebensjahr sind auf einer Skala von 1 bis 10 am beliebtesten, jene vom 65. bis zum 79. liegen knapp dahinter.

Gleich sieht es bei der Entwicklung der Fähigkeit zur Lebensgestaltung aus. Über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage ist nur wenig zu erfahren, über ihr Alter gar nichts. (Anmerkung AG: Auf Seite 8 des Buchs steht: "Weil doch annähernd die Hälfte der Antwortenden unter 50 Jahrealt ist,...")

"Freuen wir uns am Alter"

In seinem "Ausklang" fragt sich Andreas Giger: "Und was ist die Moral der Geschichte in diesem Buch?" Er schreibt "Statt darüber zu jammern, wie weit wir noch vom Fernziel Reife oder Weisheit entfernt sind, ist es besser, uns darüber zu freuen, welche Fortschritte wir in unserem Reifungsprozess bereits erreicht haben."


Andreas Giger. Reife LebensQualität: Warum Falten sexy werden. - Books on Demand 2007 - In regionalen Buchhandlungen erhältlich.


PERSON

Andreas Giger

Andreas Giger ist im Jahr 1951 geboren. Der promovierte Sozialwissenschafter lebt und arbeitet heute als eigenwilliger unabhängiger Zukunftsphilosoph, Autor und Fotograf in Wald. Neben Büchern publiziert er Artikel, hält Vorträge und ist als Unternehmensberater tätig. (phr)


 

 

 

 

 

Ausriss aus der Appenzeller Zeitung vom 9.1.2008. Bild Philippe Reichen

 

 

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