Moses 2.0: Wie wir gemeinsam den Wandel vom Lebensstandard zur Lebensqualität schaffen

Bekenntnisse eines Generalisten für reifende Lebensqualität

7. Laudatio auf den Leit-Wert Lebensqualität

Nach der Kür von Lebensqualität zur neuen „Miss Werte“ erklingt folgende Laudatio auf die Siegerin:

»Gerade die aktuelle Finanzkrise macht deutlich, dass es draußen im Lande viele Menschen gibt, die längst entdeckt haben, dass es im Leben nicht um Lebensstandard geht, sondern um Lebensqualität. Um eine individuell definierte Lebensqualität, wohlverstanden, doch gibt es viele Facetten von Lebensqualität, die universal sind. Gerade der Facettenreichtum und die Vielschichtigkeit von Lebensqualität, gepaart mit der von allen sofort und leicht zu begreifenden Einfachheit der Idee, machen Lebensqualität zur idealen Siegerin bei der Wahl eines neuen Leit-Werts, der zur attraktiven und überzeugenden Alternative zum eindimensionalen Streben nach Lebensstandard werden könnte.

Wie so oft liegt ein wesentlicher Teil des Erfolgsgeheimnisses eines Begriffs wie Lebensqualität in der Bedeutung des Worts selbst. Zunächst geht es nämlich um unser Leben in seiner ganzen bunten Vielfalt und Fülle. Also um Arbeit und Freizeit. Um Selbstverwirklichung und menschliche Beziehungen. Um Gesundheit und Zufriedenheit. Um Reifung und Sinn. Um Lebens-Orte und Lebens-Rhythmen. Um Respekt und Nachhaltigkeit. Das ist das pure Gegenteil einer eindimensionalen materialistischen Ausrichtung.

Zum zweiten geht es bei Lebensqualität, wie der Name deutlich sagt, um Qualität, nicht um Quantität. Also um besser statt mehr. Das hat einen entscheidenden Vorteil: Die quantitative Messgröße Geld ist nach oben offen. Es gibt keinen Endpunkt, es ist immer noch mehr Geld vorstellbar, als wir gerade haben. Das führt zur Maßlosigkeit, zum Suchtcharakter einer einseitig materialistischen Orientierung – die Dosis muss ständig gesteigert werden. Was unweigerlich zur Krise führt, finanziell, ökologisch, psychologisch.

Im Gegensatz dazu kennt Qualität sehr wohl einen Sättigungspunkt, einen Punkt des Ankommens. Je näher wir diesem Punkt von perfekter Qualität kommen, desto geringer werden die Fortschritte, und ganz ankommen werden wir dort nie, doch je näher wir ihm kommen, desto schwächer wird der Drang nach immer mehr. Was eine sehr zukunftstaugliche Perspektive bildet.

Ganz dem unübersehbaren Trend zur individuellen Lebensgestaltung entspricht die Abkehr von der Idee des Lebens-Standards, die ja die Vorstellung beinhaltet, es gebe einen allgemein gültigen Maßstab für ein geglücktes Leben, nämlich die Höhe des Bankkontos. Für Lebensqualität gibt es keinen solchen Standard, was Lebensqualität ist, kann jede und jeder nur für sich selbst bestimmen. Und folglich kann man Lebensqualität auch nicht messen, jedenfalls nicht mit einem allgemeingültigen Maßstab wie beim Lebensstandard.

Diese Individualität in der Definition von Lebensqualität ist eine der entscheidenden Stärken dieser Idee. Jeder Mensch kann sich so nämlich fragen, wie es denn mit seiner Lebensqualität bestellt sei, gemessen an den eigenen persönlichen Idealvorstellungen davon. „Gemessen“ wird so keine absolute Höhe von Lebensqualität, vielmehr der Grad an Zufriedenheit mit der eigenen Lebensqualität. Das kann, nur nebenbei vermerkt, durchaus in Form einer Zahl erfolgen. Und ermöglicht damit die attraktive Möglichkeit, Vergleiche zwischen unterschiedlichen Zufriedenheiten mit der eigenen Lebensqualität anzustellen.

Vergleiche zum Beispiel zwischen früher und heute: Wenn die Zufriedenheit mit meiner Lebensqualität heute höher liegt als früher, habe ich bei meiner Lebensgestaltung ganz offensichtlich etwas richtig gemacht. Das ist keine Utopie. Es gibt ernsthafte Indizien dafür, dass sich die Lebensqualität buchstäblich bis ins hohe Alter verbessern lässt. Lebensqualität ist nicht maximierbar, aber optimierbar, und das ist doch ein hübscher Ansporn dafür, in unseren Fähigkeiten zu Lebensgestaltung und Lebenskunst immer noch besser zu werden...

Wenn wir schon bei Lebenskunst sind: Die sollten wir nicht als Ausdruck von hohem Ausnahmetalent betrachten, sondern vielmehr als Kunsthandwerk, für das es nur ein bisschen Talent, aber viel Übung  braucht. Die tröstliche Schlussfolgerung daraus: Lebensqualität ist auch lernbar.

Dabei kann es sich nicht um einen starren Lehrplan mit Anspruch auf ewige Gültigkeit handeln. Denn unsere Vorstellungen davon, was unsere Lebensqualität ausmacht, wandeln sich im Laufe unseres Lebens. Und das ist gut so: Der Leit-Wert Lebensqualität ist flexibel.

Und noch etwas, was gut zum allgemeinen Trend einer Lebensgestaltung in individueller Freiheit und Eigenverantwortung passt: Wir sind unserer eigenen Lebensqualität Schmied. Wenigstens mehrheitlich. Die Höhe unseres Lebensqualitäts-Kontos hängt nicht nur, aber doch zu wesentlichen Teilen von unserer eigenen Lebensgestaltung ab. Wir haben es also selbst in der Hand, wie weit der Leit-Wert Lebensqualität in unserem Leben realisiert wird. Und auch das ist eine gute Nachricht.

Bei all diesen guten Eigenschaften unseres neuen Leit-Werts erstaunt es nicht, dass dieser tatsächlich sehr attraktiv wirkt. Jedenfalls bei jener „Bewusstseins-Elite“, die sich bewusst mit ihren Werten auseinander setzt. Einer für diese Bewusstseins-Elite repräsentativen Stichprobe wurden vor einiger Zeit vier Szenarios dazu vorgelegt, verbunden mit der Bitte, sie auf einer Skala von 1 („wäre voll daneben“) bis 10 (wäre paradiesisch“) einzustufen. Diese Szenarios lauteten wie folgt (in Klammern durchschnittliche Einstufung auf der Wünschbarkeits-Skala):

- Lebensqualität wird immer mehr zum Leit-Wert meiner eigenen Lebensgestaltung (8.5)
- Lebensqualität wird für immer mehr Menschen zum obersten Leit-Wert (8.1)
- „Möglichst hohe Lebensqualität für möglichst viele“ wird zur allgemein akzeptierten Richtschnur für gesellschaftspolitisches Handeln (8.4)
- „Wie fördere ich die Lebensqualität meiner Kunden?“ wird zur Leitfrage aller Anbieter von Produkten und Dienstleistungen (8.4)

In diesen Zahlen steckt ein weiterer Vorteil von Lebensqualität: Sie eignet sich nicht nur als Leit-Wert auf der persönlichen Ebene, sondern taugt ebenso als Leit-Wert für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Lebensqualität ist somit kein egozentrischer Leit-Wert, vielmehr ist offenbar die eigene Lebensqualität nicht denkbar ohne jene der anderen. Was den Leit-Wert Lebensqualität im höchsten Grade gesellschaftstauglich macht.

So weit eine erste Würdigung aus ganzheitlicher Sicht. Sie werden unseren neuen Leit-Wert Lebensqualität in nächster Zeit näher kennen lernen und dabei ihren Facettenreichtum entdecken. Freuen Sie sich also auf die folgende Entdeckungsreise ins Reich der Lebensqualitäts-Sphären...«

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Eigen-Sinn

Eigensinn hat keine gute Presse. Eigensinnige Menschen werden als eigenbrötlerisch und damit etwas sonderbar betrachtet, oft unterstellt man ihnen auch besonderen Starrsinn. Dabei geht es eigentlich „nur“ um Eigen-Sinn, also darum, allem, was einem im Leben begegnet und zustößt, einen eigenen Sinn zu verleihen.

Die Möglichkeit, dem Leit-Wert Lebensqualität meinen ganz und gar eigenen, sprich einzigartigen und unverwechselbaren Sinn geben zu können, macht für mich einen wesentlichen Teil der Faszination und Anziehungskraft dieser Idee aus. Sie kommt meinem Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit voll entgegen. Niemand kann mir von außen aufschwatzen oder aufzwingen, was ich unter Lebensqualität zu verstehen habe. Darüber entscheide ich tatsächlich frei und unabhängig.

Und natürlich fängt mit der Kür von Lebensqualität zum persönlichen Leit-Wert der eigentliche Entscheidungsprozess erst an. Ich muss mich nämlich fragen, was wie viel zur Gesamtbilanz meines Lebensqualitäts-Kontos beiträgt, was mir für meine Gesamt-Lebensqualität wie wertvoll und wie wichtig ist. Denn davon hängt es ab, wie viel ich in welche Lebensqualitäts-Sphäre investiere, an Zeit, Aufmerksamkeit, Energie, Herzblut oder auch Geld. Und das sind doch die entscheidenden Fragen der Lebensgestaltung...

Diese bewusste Überprüfung der eigenen Vorstellungen von Lebensqualität ist ein ständiger Prozess, denn sie sind wandelbar. Endgültige Antworten auf entsprechende Fragen sind also nicht zu erwarten, auch der eigene Sinn von Lebensqualität unterliegt den Gesetzen der Evolution.

Eigen-sinnige Lebensqualität meint übrigens nicht, dass sich meine Vorstellungen von Lebensqualität in jedem Fall krampfhaft von Ihren unterscheiden müssen. Viele Lebensqualitäts-Sphären teilen wir mit anderen Menschen. Wenn ich zum Beispiel sage, die Beziehung zu meiner Katze trüge nicht unwesentlich zu meiner Lebensqualität bei, dann teile ich diese Empfindung nicht mit allen anderen Menschen, aber doch mit einer großen Zahl.

Einzigartiger Eigen-Sinn von Lebensqualität entsteht nicht bei deren einzelnen Elementen, wohl aber in deren Mischung. Unser Lebensqualitäts-Cocktail ist in der Auswahl seiner Zutaten und in deren Mischverhältnis so individuell wie unser Fingerabdruck. Was ich als besonders geglückte Vorstellung empfinde.