Moses 2.0: Wie wir gemeinsam den Wandel vom Lebensstandard zur Lebensqualität schaffen

Bekenntnisse eines Generalisten für reifende Lebensqualität

8. Sphären-Klänge

Gemäß Duden kommt das Wort „Sphäre“ aus dem Griechischen und meint ursprünglich „Ball, Kugel, Himmelskugel“, während es heute im übertragenen Sinne von z.B. Geschäftsbereich, Wirkungskreis, Machtbereich gebraucht wird. Sphären bezeichnen damit gleichsam räumliche Bereiche, die jedoch nicht scharf gegeneinander abgegrenzt sein müssen, sondern sich überlagern und überlappen können.

Einfluss-Sphären etwa sind Räume, in denen jemand Einfluss ausübt. Wobei davon auszugehen ist, dass sich der Einfluss gegen die Ränder der Sphäre hin vermindert, so dass sich in den Randbereichen verschiedene Einfluss-Sphären überschneiden.

Auch der umgekehrte Sinn von Einfluss-Sphären ist denkbar: Verschiedene Teilbereiche – oder eben Sphären – üben unterschiedlichen Einfluss auf ein Ganzes aus. Und schon sind wir bei der Vorstellung von Lebensqualitäts-Sphären gelandet. Das Ganze ist dabei unsere generelle Lebensqualität, und darauf haben verschiedene Sphären unterschiedlichen Einfluss. Unsere allgemeine Lebensqualität ist somit als Summe einer ganzen Reihe von Teil-Lebensqualitäten zu verstehen.

Dass Lebensqualität verschiedenste Facetten hat, haben wir bereits festgestellt und als wesentlichen Pluspunkt des Leit-Werts Lebensqualität identifiziert. Doch das Bild der Facette ist zweidimensional und damit zu eng. Mit dem Bild der Sphäre, das ja auf eine Kugel und damit auf ein dreidimensionales Gebilde verweist, werden wir daran erinnert, dass unsere Lebensqualitäts-Sphären auch einzeln betrachtet mehrdimensionale Bereiche beschreiben und in sich selbst verschiedene Teilsphären enthalten.

Wem das jetzt zu kompliziert klingt, der denke einfach an einfachen Schaum. So wie er sich in einem Spülbecken oder einer Badewanne präsentiert. Dieser Schaum besteht bei genauerer Betrachtung aus einer Vielzahl größerer und kleinerer kugelförmiger Blasen, die sich vielfältig ineinander verschränken und doch deutlich sichtbare größere dreidimensionale Formen bilden. Und zusammen die auf dem Wasser schwimmende Schaumdecke.

So geht das mit den Lebensqualitäts-Sphären auch: Die ganze Schaumdecke ist unsere generelle Lebensqualität. Die größeren dreidimensionalen Formen sind unsere Lebensqualitäts-Sphären, denen wir uns in den folgenden Kapiteln widmen wollen. Und innerhalb jeder dieser größeren Formen gibt es Teilsphären, von denen wir die eine oder andere auch genauer betrachten wollen.

An dieser Stelle könnten Sie einwenden, das Erkennen von Formen in Decken aus Schaum sei so subjektiv wie die entsprechende Tätigkeit bei Wolken, und die Identifikation von Lebensqualitäts-Sphären damit so aussagekräftig wie das Lesen im Kaffeesatz. Das ist nicht ganz falsch, doch hinter der hier verwendeten Einteilung stecken so viel eigenes Nachdenken und so viele Befragungen von Menschen, die sich ebenfalls intensiv mit dem Thema Lebensqualität auseinandergesetzt haben, dass von einer einigermaßen sinnvollen Einteilung und Bezeichnung der wichtigsten Lebensqualitäts-Sphären ausgegangen werden kann. Was natürlich einen gewissen Rest an subjektiver Sichtweise weder verhindern kann noch soll.

Noch stärker gilt das für die Detailbeschreibung einzelner Teilsphären. Wollten wir alle Teilsphären, die etwas mit unserer Lebensqualität zu tun haben könnten, vollständig und erschöpfend beschreiben, so würde das daraus entstehende Werk leicht die Dimensionen eines Handbuchs annehmen, das bekanntlich um die tausend Seiten umfassen muss, wenn es ernst genommen werden will. Ich allerdings habe mir unter einem Handbuch immer ein handliches Buch vorgestellt und möchte auch hier nicht ausufern, weshalb ich dazu stehe, dass Auswahl und Beschreibung einzelner interessanter Lebensqualitäts-Sphären meiner subjektiven Sicht und meinem noch subjektiveren Geschmack entsprechen und somit keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben.

Das geht bei unserem Thema ohnehin nicht anders, denn auf die Frage, in welchen Lebensqualitäts-Sphären die Musik spielt, gibt es keine allgemein verbindlichen Antworten. Welche Sphäre wie viel zu unserer Gesamt-Lebensqualität beiträgt, ist eine Frage von individueller Persönlichkeit, von Werten und Erfahrungen, von Überzeugungen und Geschmack. Ja, die Gesamtheit der subjektiven Gewichte unserer Lebensqualitäts-Sphären ist ein wesentlicher Teil unserer persönlichen Identität. Wir definieren uns auch darüber, welchen Einfluss wir welcher Lebensqualitäts-Sphäre auf unsere Gesamt-Lebensqualität zumessen.

Damit diese ganze Angelegenheit nicht zu subjektiv wird, das heißt, damit wir uns über unsere Vorstellungen von Lebensqualität auch mit anderen Menschen austauschen können, empfiehlt sich dennoch so etwas wie eine allgemein akzeptierte Landkarte der Lebensqualitäts-Sphären. Diese setzt voraus, dass über die Existenz der wesentlichen Sphären Einigkeit herrscht, nicht jedoch, dass sich alle darüber einig sind, wie wichtig diese Sphäre für ihre generelle Lebensqualität ist. Anders gesagt: Es geht um gemeinsame Fragen, nicht um gemeinsame Antworten.

Der Versuch, eine solche Landkarte der Lebensqualitäts-Sphären zu erstellen, wird im Folgenden vorgestellt. Er hat natürlich Vorgänger. So bin ich neulich auf die Vorstellung gestoßen, Lebensqualität bestünde aus den drei Hauptsphären Haben, Lieben und Sein. Das klingt hübsch und regt zum Denken an, bewegt sich aber doch in reichlich abstrakten Sphären. Etwas lebensnaher und konkreter dürfte unsere gewünschte Landkarte denn doch noch sein...

Allerdings gibt es auch im hier vorgeschlagenen Modell zunächst eine grobe Zweiteilung der Lebensqualitäts-Sphären. Auf der einen Seite finden sich dabei verschiedene Lebensbereiche, also etwa Arbeit oder Beziehungen. Wir gehen davon aus, dass jede dieser Lebens-Sphären einen mehr oder minder großen Beitrag zur Gesamt-Lebensqualität leistet, mit subjektiv unterschiedlicher Gewichtung natürlich. Gemeinsam ist diesen Lebensqualitäts-Sphären, dass sie alle von außen sichtbar sind.

Doch unsere generelle Lebensqualität hängt nicht nur von der Qualität dieser sichtbaren einzelnen Lebens-Sphären ab, sondern auch von unsichtbaren Faktoren, nämlich davon, wie gut wir unsere Werte verwirklichen können. Auch Werte-Sphären sind damit Lebensqualitäts-Sphären, und es lohnt sich deshalb, auch über deren Einfluss auf unsere generelle Lebensqualität nachzudenken. Das geht nicht anders, als dass wir komplexe Werte-Landschaften ziemlich grob vereinfachen. Was zunächst so geschieht, dass wir persönliche, zwischenmenschliche und gesellschaftliche Werte unterscheiden und darin jeweils die wichtigsten Werte-Konstellationen beschreiben.

Bei den folgenden Streifzügen durch die wichtigsten Lebensqualitäts-Sphären geht es keineswegs um eine akademische Trockenübung. Wenn wir unsere generelle Lebensqualität optimieren wollen, müssen wir uns zunächst bewusst werden, welche Sphären dazu welchen Beitrag leisten. Und das finden wir am besten heraus, wenn wir uns gedanklich bewusst machen, welche Lebensqualitäts-Sphären dafür überhaupt in Frage kommen. Um auf persönliche Antworten zu kommen, lohnt es sich, gemeinsame Fragen zu stellen...

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Tanz auf verschiedenen Hochzeiten

Es gibt wissenschaftliche Ideen, oder noch besser Bilder, die mich sowohl intellektuell als auch ästhetisch anregen und befriedigen. Dazu gehört die Vorstellung, unser Universum sei nur eines in einer riesigen Schar von „Parallel-Universen“, wobei man sich das Neben- und Miteinander dieser Sphären durchaus wie eine Schaumdecke im Spülbecken vorstellen könne.

Und weil ich solche Bilder gerne auf mein Leben übertrage, kann ich auch dieses als Schaumgewusel sehen, als sich ineinander verschlingende Sphären, von denen manche wichtiger sind als andere. Wobei diese Gewichtungen im Laufe eines langen Lebens keineswegs stabil geblieben sind.

Menschen, die unbeirrt auf einem einzigen Lebensgeleise geradeaus marschieren und durch diese Konzentration auf eine Sphäre Erstaunliches leisten, habe ich wohl deshalb immer bewundert, weil mir diese Eigenschaft völlig fremd ist. Schon in jungen Jahren habe ich eine Zeit lang konsequent drei Berufskarrieren gleichzeitig verfolgt (und deshalb natürlich keine geschafft...). Und dabei ging es hier nur um die berufliche Sphäre, die keineswegs die einzige war, die mich interessierte.

Dieser Tanz auf verschiedenen Hochzeiten, den ich ein Leben lang pflegte, genießt keinen besonders guten Ruf. Er führe zu Verzettelung und verhindere echte Spitzenleistungen, die nur durch absolute Konzentration auf eine Sphäre zu erreichen sei, wird argumentiert. Nicht ganz ohne Grund, wie man auf Gebieten sieht, wo Spitzenleistungen gefragt sind, etwa im Sport. Dort hat tatsächlich nur Erfolg, wer nicht auf vielen Hochzeiten zugleich tanzt.

Nur: Selbst im Sport gibt es Ausnahmen. Warum sollte dann eine solche Ausnahmeregelung nicht auch für mich gelten, zumal ich ja keine sportlichen Höchstleistungen anstrebe, sondern auf Gebieten tätig bin, in denen kein Mensch sagen kann, was Höchstleistungen überhaupt sind. Also kann ich ebenso gut meiner Lust frönen und in ganz unterschiedlichen Lebensqualitäts-Sphären tanzen. Was ich zur Optimierung meiner Gesamt-Lebensqualität ganz einfach brauche.

Es hat geraume Zeit gedauert, bis ich mich von der Vorstellung, man tanze nicht auf verschiedenen Hochzeiten lösen, und aus voller Überzeugung sagen konnte: Ich schon! Doch dieser Emanzipationsprozess hat sich gelohnt. Optimale Lebensqualität stellt sich nun mal nur dann ein, wenn der individuelle Mix der einzelnen Lebensqualitäts-Sphären stimmt.