Moses 2.0: Wie wir gemeinsam den Wandel vom Lebensstandard zur Lebensqualit?t schaffen

Bekenntnisse eines Generalisten für reifende Lebensqualit?t

22. Die Sph?re der Offenheit

Würde jeder Mensch darauf beharren, dass seine Art der Echtheit die einzig m?gliche und damit richtige sei, dann müssten wir uns permanent die K?pfe einschlagen, oder v?llig isoliert voneinander als Einsiedler leben. Beide Varianten w?ren der Lebensqualit?t eines so sozial angelegten Wesens wie dem Menschen h?chst abtr?glich. Wenn wir miteinander auskommen wollen, müssen wir akzeptieren, dass die Echtheit der anderen subjektiv genau so gültig ist wie unsere. Hilfreich sind dabei Pers?nlichkeits-Eigenschaften und Werte, die wir am besten mit dem Begriff der Offenheit zusammenfassen.

Voraussetzung für diese geistige Offenheit gegenüber anderen subjektiven Wirklichkeiten ist zun?chst ein gewisses Ma? an Intelligenz, denn von sich selbst abstrahieren zu k?nnen, um die Dinge aus einer übergeordneten Warte zu betrachten, ist eine beachtliche Leistung unseres Geistes. Diese Intelligenz l?sst sich allerdings kaum mit einem klassischen Intelligenztest erfassen, wir sprechen hier eher von der viel gerühmten sozialen Intelligenz, zu der viel Einfühlungsverm?gen geh?rt.

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Ebenfalls Bestandteil dieser Offenheit ist Konfliktkompetenz, bei der es, verkürzt formuliert, darum geht, um inhaltliche Positionen zu ringen statt das Gegenüber fertig zu machen. Manches davon l?sst sich lernen, anderes, wie etwa eine grunds?tzliche Neugier auf neue und andersartige Ideen, ist wohl eher vorgespurt. Nichtsdestotrotz ist klar, dass die F?higkeit zur konstruktiven Kommunikation zwischen einzelnen Menschen, Gruppen und Kulturen einen wichtigen Beitrag zu unserem Lebensqualit?ts-Konto leistet.

Dass zur Grundhaltung von Offenheit auch ein geh?riges Ma? an Toleranz geh?rt, versteht sich von selbst, wobei es nicht um eine Haltung der Wurstigkeit gehen kann, die alles akzeptiert, ohne einen eigenen Standpunkt zu haben, vielmehr um eine Auseinandersetzung zwischen zwei selbstbewussten Partnern, die eine andere Position bejahen k?nnen, ohne die eigene aufgeben zu müssen.

Wenn wir uns gegenüber anderen und der Welt ?ffnen wollen, hilft eine geh?rige Portion Humor immer. Die F?higkeit, über die Welt, über andere – und über uns selbst – lachen zu k?nnen, verhindert, dass wir bei dieser ?ffnung in pure Verzweiflung verfallen, was angesichts des Zustands dieser Welt sonst leicht geschehen k?nnte.

Eng verwandt mit dieser nützlichen Eigenschaft des Humors ist eine Grundhaltung von Optimismus. Die Welt pr?sentiert sich uns nun mal erfreulicher, wenn wir uns angew?hnen, in ihr das halb volle statt das halb leere Glas zu sehen. Und das f?rdert unsere Lebensqualit?t ungemein. Natürlich kann niemand etwas dafür, wenn er oder sie mit weniger Optimismus ausgestattet worden ist als andere, doch wie hoch auch immer dieser mitgegebene Optimismus ausfallen mag: Durch übung l?sst er sich steigern...

Eher überraschen mag es Sie, dass ich, im Einklang mit meinem Orakel, auch Zufriedenheit zu den Elementen von Offenheit z?hle. Wenn wir uns allerdings vergegenw?rtigen, dass nur Menschen offen auf andere zugehen k?nnen, die in sich selbst ruhen, wird diese Wahl verst?ndlicher: Zufriedenheit mit sich selbst, die nicht zu verwechseln ist mit Selbstzufriedenheit, ist dann eine Voraussetzung für den offenen Umgang mit anderen.

Die Liste m?glicher Einzelelemente von Offenheit l?sst sich natürlich erweitern, und mit welchen konkreten Werten Sie Ihre Sph?re der Offenheit ausstatten wollen, liegt ohnehin ganz bei Ihnen. Mir pers?nlich hilft dabei eine grunds?tzliche Idee: flie?en lassen.

Viele Kulturen gehen davon aus, dass das zentrale Prinzip der Welt und der Wirklichkeit nichts Festes und Stabiles ist, sondern der Fluss, das Flie?en. Schon bei den alten Griechen hie? es ?alles flie?t�, und in der traditionellen chinesischen Medizin dreht sich alles um die flie?ende Energie namens Chi. Heut zu Tage hat sich diese Einsicht bis in die Management-Seminare verbreitet: Die einzige Konstante ist der Wandel. Das Leben ist nicht, wie der Titel eines franz?sischen Films mal ironisch hie?, ?ein langer, ruhiger Fluss�, und noch weniger ein still vor sich hin ruhender See, es gleicht vielmehr einem kleinen Bergbach, der mal fr?hlich hüpfend zu Tale braust, mal aber auch gem?chlicher vorankommt und manchmal gar ganz in einem Seitearm oder Tümpel zum Stillstand kommt.

Wenn Kinder an einem solchen Bach spielen, haben sie zwei M?glichkeiten: Sie k?nnen aus Steinen eine Mauer bauen und den Bach so stauen. Oder sie k?nnen Steine beiseite r?umen und dem Bach so ein freieres Flie?en erm?glichen. Warum die meisten die erste Variante w?hlen, habe ich nie ganz verstanden. Als Kind zun?chst instinktiv, sp?ter und bis heute ganz bewusst ziehe ich es vor, dem Bach das zu erm?glichen, wofür er bestimmt ist. Und dieses natürliche Wesen besteht nun mal nicht darin, gestaut zu werden, sondern frei zu flie?en.

Beim Fluss unseres Lebens verh?lt es sich keinen Deut anders. Auch dessen Wesen besteht im freien Flie?en, und auch da k?nnen wir diesen Fluss stauen oder befreien. Beide Varianten bergen gewisse Gefahren in sich. Mit dem Entscheid, den Fluss unseres Lebens frei flie?en zu lassen, begeben wir uns der M?glichkeit der Kontrolle, was natürlich einen Verlust an Sicherheit bedeutet. Das Gefahrenpotential der Stau-Variante scheint mir jedoch erheblich gr??er: Gestautes Wasser wird schnell brackig und faulig, es verliert seine Vitalit?t. Und weil sich Wasser nicht auf ewig stauen l?sst, wird es sich irgendwann seine Bahn  brechen, die dann oft genug brutalere Schwemmsch?den verursacht als der natürliche Fluss.

Im Zweifel pl?diere ich also eindeutig für das flie?en Lassen, für Offenheit gegenüber dem, was uns im eigenen Leben, bei unseren Mitmenschen und in der Welt begegnet. ?ngstliche Abwehr alles Neuen, Unbekannten und Fremden führt zum verkrampften Festklammern am Alten, und Angst und Verkrampfung sind eindeutige Lebensqualit?ts-Killer. Natürlich brauchen wir für unsere Lebensqualit?t immer ein ausgewogenes Verh?ltnis zwischen den Sph?ren der Stabilit?t und der Offenheit, beides geh?rt dazu. Doch weil unser natürliches Tr?gheitsmoment uns oft am Festen festklammern l?sst, kommen wir nicht umhin, bewusst in den Gegenpol zu investieren und uns selbst st?rker in Richtung Offenheit zu formen. Diese Investitionen werden sich auf unserem Lebensqualit?ts-Konto auszahlen...

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Selbst-Kompetenz

Meinen K?rper in einem Fitnessstudio auf eine ideale Form hin zu trimmen, lag mir noch nie. Für andere ist es das Gr??te, wohlan, sollen sie. Was ich daran durchaus bewundern kann, ist der Wille zur Selbstvervollkommnung. Immerhin steckt dahinter eine Vorstellung von enormer Sprengkraft: Ich bin (noch) nicht so, wie ich sein will, also tue ich alles, um dahin zu kommen.

Der gro?e Schritt liegt darin, dass hier zum ersten Mal eine Lebensform nicht darauf wartet, dass die evolution?re Entwicklung sie verbessert, sondern die Evolution in die eigenen H?nde nimmt. Das hat der Mensch mit der Erfindung der kulturellen Evolution natürlich l?ngst getan. Und in allen Religionen steckt irgendwo auch die Idee, der Mensch k?nne sich, moralisch gesehen, verbessern, wenngleich meist nur mit g?ttlicher Hilfe.

Diese nun ist uns weitgehend abhanden gekommen, so dass, wenn wir uns vervollkommnen wollen, für die Ausführung dieses Vorsatzes wieder einmal mehr nur jemand in Frage kommt: wir selbst. Das ist zwar mühsam, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Wir k?nnen auch selbst entscheiden, wohin wir uns entwickeln wollen. Wir erschaffen uns nach unserem eigenen Bilde.

Und damit haben wir auch die Freiheit zu w?hlen, ob wir Selbstvervollkommnung mehr auf k?rperlichem oder geistigem Gebiet betreiben wollen. Für mich keine Frage, denn nachhaltig gesehen habe ich von letzterem deutlich mehr. Wenn ich an meiner Offenheit, meiner Toleranz, meinem Optimismus, meinem Humor oder meiner Zufriedenheit arbeite, sind das Investitionen, die sich langfristig für mein Lebensqualit?ts-Konto auszahlen.

Mir ist in aller erforderlichen Bescheidenheit klar, dass die Erfolgsaussichten dieses Unternehmens gering sind – Vollkommenheit ist uns Sterblichen nicht bestimmt. Doch die kleinen Schritte hin zu einer immer noch ein bisschen besseren Selbst-Kompetenz haben sich bisher immer gelohnt, was Grund genug ist, immer wieder den n?chsten zu wagen.