Mit
            dem Verschwinden von Moses 1.0 aus unserer Geschichte sind endgültig Sie ins
            Zentrum unserer Überlegungen dazu gerückt, wie wir gemeinsam den Werte-Wandel
            vom Lebensstandard zur Lebensqualität schaffen. Jawohl, Sie. Sie haben erkannt,
            dass es im Leben um Qualität geht und nicht um Quantität. Sie haben eine Ahnung
            davon entwickelt, wie facettenreich und vielschichtig Lebensqualität sein kann.
            Sie wissen, wie herausfordernd es ist, sich um seine eigene Lebensqualität zu
            kümmern, ohne dabei diejenige der Anderen außer Acht zu lassen – aber
            auch wie zufrieden stellend und beglückend. Jetzt hängt es von Ihnen ab, ob
            sich dieses Mem weiter ausbreitet.
          Das
            heißt, ein bisschen übertrieben ist das schon. Es hängt natürlich nicht von
            Ihnen als Einzelperson ab. Sie können einen Beitrag dazu leisten oder auch
            nicht, Hauptsache, es gibt genügend Menschen, deren Lebensqualitäts-Meme
            ansteckend wirken. Wobei wir, weil uns diese Meme kostbar, lieb und teuer sind,
            schon mal ernsthaft die Frage stellen sollten, warum diese Meme, so einsichtig,
            ja nahe liegend sie sind, sich bisher nicht (noch) schneller und wirksamer
            ausgebreitet haben. An ihrer Qualität kann es nicht liegen, doch, wie so
            mancher verkannte Künstler leidvoll erkannte, Qualität setzt sich nicht immer
            von alleine durch. 
          Und
            deshalb braucht es Moses 2.0. Den Begriff habe ich, Sie werden es unschwer
            erraten haben, vom Schlagwort Web 2.0 geklaut. Dieser Begriff ist reichlich
            umstritten, es geht dabei aber nach allgemeiner Auffassung um eine Reihe
            interaktiver und kollaborativer Elemente des Internets. Das heißt um
            Vernetzung, Austausch und Zusammenarbeit von unten. Die Nutzer selbst gestalten
            ihre virtuellen Plattformen, aus reinen Empfängern werden partielle Sender. 
          Die
            Idee ist nicht ganz neu, früher hat man solche Aktionen von unten
            Graswurzelbewegungen genannt. Neu sind „nur“ die technischen Möglichkeiten von
            Kommunikation und Austausch. Dass diese neuen Möglichkeiten einen Quantensprung
            bedeuten, ist unbestritten, doch ehe wir uns ihnen zuwenden, gehen wir noch
            einmal zurück zu den Akteuren dieser Vernetzung. Immerhin wird bis heute jedes
            noch so virtuelle Netz von realen Menschen gebildet und getragen, und daran
            wird sich so bald wohl auch nichts ändern. Wenn wir also wissen wollen, wie die
            Verbreitung der Lebensqualitäts-Meme gefördert werden könnte, müssen wir uns
            zunächst den Individuen zuwenden, die, wie wir wissen, nicht gerade massenhaft,
            aber doch in ansehnlicher Zahl bereits Träger dieser Meme sind.
          Die
            entscheidende Frage ist natürlich, wie sich diese Menschen als Träger und Wirte
            der Lebensqualitäts-Meme fühlen. Empfinden sie sich damit als Außenseiter, als
            hoffnungslose Idealisten, als ewig zu spät oder zu früh Gekommene, als im
            besten Falle belächelte und im schlechtesten verachtete Spinner? Dann ist die
            Wahrscheinlichkeit, mit einem überzeugten und überzeugenden Beispiel andere mit
            diesen Memen anzustecken, nicht sehr hoch...
          Anders
            sieht es natürlich aus, wenn sich die Träger der Lebensqualitäts-Meme als Vorhut
            der kulturellen Evolution empfinden, als frühe Akteure eines Werte-Wandels, der
            kommen muss und kommen wird, kurzum als kluge und reife Menschen, die erkannt
            haben, worum es im Leben wirklich geht. Logischerweise hat diese Überzeugung
            eine ganz andere Ausstrahlungskraft. Wer stolz ist auf seine
            Lebensqualitäts-Meme, wer diese überzeugt und authentisch lebt, kann und wird
            andere Menschen damit anstecken.
          Sie
            können niemanden dazu überreden, Lebensqualität zum Leitwert zu küren. Aber Se
            können mit Ihrem gelebten Beispiel überzeugen, indem sie eine in den meisten
            Menschen schon angelegte Lebensqualitäts-Saite zum Klingen bringen und damit
            Resonanz herstellen. So geht das mit der Verbreitung der
            Lebensqualitäts-Meme...
          Aber
            es geht eben nur mit der zweiten, mit der selbstbewussten Haltung. Meine
            Vermutung nun, genährt aus meinen Umfragen wie aus persönlichen Gesprächen und
            Beobachtungen, geht dahin, dass allzu viele Trägerinnen und Träger sich noch
            mit der ersten Haltung identifizieren und sich als bedeutungslose
            Randerscheinung in einer voll materialistischen Welt empfinden. Das führt
            natürlich dazu, sich klein zu machen und zu verstecken: In meiner kleinen Welt
            kann ich meine Werte leben, aber draußen darf niemand was davon wissen. 
          Das
            wäre nun wirklich nicht nötig. Wir haben im Verlauf dieser Überlegungen
            genügend gute Argumente dafür gesammelt, warum der Werte-Wandel vom
            Lebensstandard zur Lebensqualität sinnvoll und nötig ist – für Individuum
            wie Gesellschaft. Wir haben festgestellt, dass Lebensqualität gerade wegen
            ihrer Vielschichtigkeit ein ebenso faszinierendes wie ein Leben füllendes Ziel
            ist. Und wir können davon ausgehen, dass eine Welt, die Lebensqualität zu ihrem
            Leitwert machen würde, eine bessere Welt wäre. Wieso sollte man sich mit solchen
            Einsichten und Überzeugungen verstecken müssen?
          Ich
            weiß, damit überzeuge ich noch niemanden, denn Selbstbewusstsein kann man nicht
            von außen befehlen. Wahres Selbstbewusstsein kommt von innen, von
            Selbst-Bewusstsein im Sinne eines umfassenden Bewusstseins seiner selbst.
            Weniger geschwollen: Selbst-Bewusstsein entsteht dann, wenn wir auf unsere
            innere Stimme hören. Die ist immer da, wir übertönen sie nur allzu oft mit dem
            Lärm von Glaubenssätzen, die nicht unsere eigenen sind. In der Stille aber ist
            unsere innere Stimme hörbar. Und sie hat immer Recht. Oder jedenfalls fast
            immer.
          Wenn
            es um Lebensqualität geht, um unsere Lebensqualität, gibt es keine bessere
            Instanz als sie. Sie allein kann uns sagen, was für uns Lebensqualität
            bedeutet, welche ihrer Sphären uns wie wichtig sind, wo es Optimierungsbedarf
            gibt. Vor allem wird sie uns immer sagen, es sei gut und richtig, sich um seine
            eigene Lebensqualität zu kümmern, solange man diejenige der Anderen nicht
            vergisst.
          Wenn
            Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zur Gruppe derjenigen gehören, die schon
            heute selbstbewusst zu ihren Lebensqualitäts-Werten stehen, dann haben sie
            offensichtlich af Ihre innere Stimme gehört. Selbstbewusstes Eintreten für die
            Lebensqualitäts-Meme, auch das hat Ihnen Ihre innere Stimme schon geflüstert,
            bedeutet dabei übrigens nicht, sich in eine Bewegung einzureihen und hinter
            einer Fahne her zu marschieren – dafür eignet sich der Leitwert
            Lebensqualität denkbar schlecht. Die Freundinnen und Freunde der Lebensqualität
            sind und bleiben Individualisten.
          Und
            falls Sie noch nicht zu dieser Gruppe gehören: kann ja noch werden...
            Selbst-Bewusstsein bracht Zeit. Horchen auf die innere Stimme ist übrigens
            nicht mit permanenter Nabelschau zu verwechseln. Zwischenrein lohnt es sich
            auch, mal nach außen zu sehen und zu hören. Dabei werden Sie feststellen, dass
            Sie mit Ihren Lebensqualitäts-Werten keineswegs eine bedeutungslose Randnotiz
            sind. Vielmehr schreiben Sie gerade mit an einem der spannendsten Kapitel der
            kulturellen Evolution. Das allein wäre Grund genug, hoch erhobenen Hauptes in
            die Welt zu schreiten...