Moses 2.0: Wie wir gemeinsam den Wandel vom Lebensstandard zur Lebensqualität schaffen

Bekenntnisse eines Generalisten für reifende Lebensqualität

35. Transparenz

Zuerst steht der Entschluss, Lebensqualität zum Leitwert zu ernennen. Dann kommt der Wille, die eigene Lebensqualität so gut wie möglich zu verbessern, möglichst im Einklang mit den Mitmenschen. Und dafür wiederum braucht es Wissen darüber, welche Lebensqualitäts-Sphären wie wichtig sind, und was in den einzelnen Lebens- und Wertebereichen das Lebensqualitäts-Konto mindert oder äufnet. Nur wenn Lebensqualität ein transparentes Phänomen ist, ist sie auch ein sinnvoller und vor allem realisierbarer Leitwert. Das gilt für Individuen genau so wie für Gesellschaften.

Nun haben wir zwar in den bisherigen Betrachtungen schon einiges Wissen rund um Lebensqualität entdeckt, doch das ist noch längst nicht genug. Allein schon wenn wir bedenken, dass wir mit den hier behandelten sechzehn Lebensqualitäts-Sphären erst eine noch reichlich grobe Landkarte des Phänomens entwickeln konnten, der eine detaillierte Kartographie jeder einzelnen Sphäre folgen muss, sehen wir, dass es noch viel zu klären und zu erforschen gibt.

Dabei hilft, wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, das Stellen von Fragen. Wenn es denn die richtigen sind. Solche Befragungs- und Analyse-Instrumente zu entwickeln, die eine detaillierte Landkarte aller Lebensqualitäts-Sphären ermöglichen, steht am Anfang jeder Ertrag versprechenden Forschung über Lebensqualität. Entsprechende Fragebogen (samt dazu gehöriger Auswertungs-Software) dienen zwei Zwecken zugleich: der individuellen Selbst-Diagnose ebenso wie der Gesellschafts-Diagnose.

Und beide Ebenen lassen sich fruchtbar verbinden: Wenn ich meine eigenen Antworten und Werte mit jenen der Gesamtheit oder von speziell definierten Gruppen vergleichen kann, erfahre ich eine zusätzliche Dimension. Und uns mit anderen vergleichen tun wir eh fürs Leben gern...

Es ist nicht so, dass es zum Thema Lebensqualität keinerlei einschlägige Forschung gäbe. Sie ist bisher nur sehr limitiert und entsprechend oberflächlich. Und so, wie ich den klassischen Wissenschaftsbetrieb kenne, können wir schwarz werden, bis er endlich genügend Transparenz über Lebensqualität geschaffen hat. Was schade wäre, ist doch die gegenwärtige Zeit von Krisen und Umbrüchen wie kaum eine andere geeignet, den Lebensqualitäts-Memen zusätzlichen Schub zu verleihen. Wir haben also keine Zeit zu verlieren, um auf die dafür nötige Transparenz durch Wissen zu warten. Was also ist zu tun?

Ich wüsste schon was. Genauer gesagt habe ich eine Vision anzubieten. Und Visionen sind in meinem Verständnis bekanntlich der Ort, an dem wünschbare und denkbare Zukünfte zusammenkommen. Wie jede gute Vision hat also auch diese durchaus Realisierungschancen – sofern sie über genügend Ansteckungskraft verfügt.

Im Zentrum der Vision steht eine gemeinnützige Stiftung. Ihr Name ist Pro Qualitate Vitae. Zu Deutsch als einfach „für Lebensqualität“. Das sagt schon alles. Lateinisch wird die Stiftung getauft, weil sie von Anfang nicht auf eine Sprachkultur eingeschränkt werden soll. Und als gemeinsame Sprache gibt es ja nun wirklich nicht nur Englisch. Das gute alte Latein war lange Zeit die verbindende Sprache von ganz Europa. Und der offizielle Name der viersprachigen Schweiz ist deshalb ebenfalls lateinisch: Confoederatio Helvetica. Daran will die Sprachwahl der Stiftung erinnern.

Gemeinnützig muss die Stiftung deshalb sein, weil sie einen Beitrag zum öffentlichen Wohl leistet: Sie schafft Wissen über Lebensqualität und macht dieses Wissen allen Interessierten zugänglich, ohne damit kommerzielle Interessen zu verfolgen. Zweifellos ist das ein Dienst an der Allgemeinheit, also ein Service public. Und damit dieser Dienst unabhängig von irgendwelchen Interessenlagen erfolgen kann, braucht es dafür als Trägerschaft eine unabhängige gemeinnützige Stiftung.

Und schweizerisch müsste diese sein. Hinter diesem Element meiner Vision steckt meine ganz spezielle Form von Patriotismus: Die Schweiz, mein Land, ist zum einen reich genug, um sich den nächsten Schritt der Evolution leisten zu können, der mit Sicherheit in die geschilderte Richtung von stärkerer Orientierung am Leitwert Lebensqualität gehen wird. Und sie hat zudem genügend lange davon profitiert, dass wohlhabende Leute aus aller Welt, die so gierig waren, dass sie keine Steuern zahlen wollten, ihr Scherflein im Lande des Bankgeheimnisses in Sicherheit brachten. Darüber moralisch zu urteilen ist nicht meine Sache, aber ich würde es als kraftvolles Signal der Schweiz an die Welt betrachten, wenn sie jetzt ihren Beitrag zum Werte-Wandel leistet.

Im Idealfall wären es also einsichtige Menschen aus dem Bankensektor, die sich zusammentäten und der Stiftung Pro Qualitate Vitae das nötige Kapital zur Verfügung stellten. Doch weil der Idealfall selten eintritt, sind natürlich auch andere Bürgerinnen und Bürger dieses Landes willkommen, die, als Mäzene, nicht als Sponsoren, die immer eine direkte Gegenleistung erwarten, nicht nur über das nötige Kleingeld verfügen, sondern auch über die Einsicht, dass die Schweiz sich selbst einen großen Gefallen tut, wenn sie Verantwortung für die Zukunft der Welt übernimmt. Nicht, indem sie dieser Ratschläge erteilt, sondern indem sie Wissen erarbeitet und verbreitet.

Genau dies ist die Aufgabe der Stiftung. Sie soll Erhebungs- und Analyseinstrumente entwickeln, testen und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Sie soll möglichst viel Antworten zu allen Fragen rund um Lebensqualität sammeln und so die Möglichkeit des Vergleichs zwischen einzelnen Gemeinschaften und Gruppen schaffen. Und diese Forschungsergebnisse soll sie publik machen, primär natürlich via Internet, aber auch durch gedruckte Medien, Beiträge in öffentlichen Medien, Vorträge und ähnliches.

Wenngleich die Basis der Stiftung in der Schweiz liegt, heißt das natürlich nicht, dass ihre Aktivitäten an den Landesgrenzen Halt machen sollen. Eine gesamteuropäische Perspektive ist von Anfang an Teil ihrer kulturellen DNA. Und wenn sich später auch andere Gegend für Transparenz in Sachen Lebensqualität interessieren, dürfte das ganz in ihrem Sinne sein.

Aufklärung im besten Sinne ist also die Aufgabe der Stiftung in meiner Vision. Ob auf diesem Weg oder in der bisherigen bescheideneren Version, bleibt mir das ein Herzensanliegen. Mit anderen Worten: Ich bleibe am Ball. Und hoffe, dass auch Sie weiterhin dabei sind...

Zurück zum letzten Kapitel

Vorwärts zum nächsten Kapitel

Sondierungsballon

Zu wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält, ist mein Begehr, seit ich denken kann. Und dabei steht bei mir jene Schnittstelle zwischen Individuum und Gesellschaft im Zentrum, die man Bewusstsein nennt. Wie erfassen wir mit unserem Bewusstsein uns selbst und die Welt? Und wie wählen wir aus den unendlichen Möglichkeiten, die uns die Welt bietet, mit den Mitteln unseres Bewusstseins die zu uns passende Alternative aus? Das sind so die Fragen, mit denen ich mich seit Jahrzehnten herumschlage.

Dabei habe ich so manchen Versuchsballon gestartet. Manche haben kaum abgehoben, andere sind ganz schön weit hoch gestiegen und haben mir viele Erkenntnisse gebracht. Und weil es im weiten Feld der Werte und in den Gefilden rund um das Thema Lebensqualität noch so viel zu entdecken gibt, werde ich weiterhin Versuchsballone starten, um mir von oben herab einen Eindruck von diesen spannenden Welten zu verschaffen.

Dabei gehe ich tatsächlich immer von der Überzeugung aus, dass Aufklärung sinnvoll ist: Was wir mit dem Licht unseres Bewusstseins ausleuchten, gerät in unseren Einflussbereich. Nur das, womit wir uns bewusst auseinandersetzen, können wir kreativ gestalten. Und für diese Bewusstwerdung braucht es Wissen, braucht es Transparenz: Über etwas zu diskutieren, was wir gar nicht kennen, ist in der Regel wenig fruchtbar.

Mal ganz abgesehen von so hehren Begründungen: Mir Fragen auszudenken und dann zu sehen, wie sie beantwortet werden, in den Daten Zusammenhänge zu entdecken und einen Sinn für das große Ganze zu entwickeln, macht mir einfach Spaß. Um in unserer Sprache zu reden: Forschen, um Transparenz herzustellen, ist ein zentrales Element in meiner Lebensqualitäts-Sphäre des Tuns. Und weil mir diese ohnehin sehr wichtig ist, hängt meine generelle Lebensqualität ganz stark an dieser Tätigkeit.

Meine mittlerweile beträchtlichen Erfahrungen damit würde ich gerne in künftige Erweiterungen einbringen. Und ich hätte Lust, meinen bescheidenen Beitrag dazu zu leisten, dass dieses mein kleines Land Schweiz eine neue Rolle in der Welt findet, jene des Versuchslabors der kulturellen Evolution. Dafür, und für meine Lust, Transparenz rund um Lebensqualität zu schaffen, wäre die nebenstehend visionierte Stiftung Pro Qualitate Vitae ein wunderbares Vehikel. Deshalb bin ich natürlich gespannt, was aus dieser Vision wird. Ich wünsche ihr, auch aus eigenem Interesse, eine baldige Realisierung. Doch ich habe nicht vor, meine eigene Lebensqualität davon abhängig zu machen. Es wäre auch hier unklug, alle Eier in einen Korb zu legen und die ganze Lebensqualität von einer einzigen Voraussetzung abhängig zu machen. Die Daumen drücken dürfen Sie mir trotzdem...