Zuerst
steht der Entschluss, Lebensqualität zum Leitwert zu ernennen. Dann kommt der
Wille, die eigene Lebensqualität so gut wie möglich zu verbessern, möglichst im
Einklang mit den Mitmenschen. Und dafür wiederum braucht es Wissen darüber,
welche Lebensqualitäts-Sphären wie wichtig sind, und was in den einzelnen
Lebens- und Wertebereichen das Lebensqualitäts-Konto mindert oder äufnet. Nur
wenn Lebensqualität ein transparentes Phänomen ist, ist sie auch ein sinnvoller
und vor allem realisierbarer Leitwert. Das gilt für Individuen genau so wie für
Gesellschaften.
Nun
haben wir zwar in den bisherigen Betrachtungen schon einiges Wissen rund um
Lebensqualität entdeckt, doch das ist noch längst nicht genug. Allein schon
wenn wir bedenken, dass wir mit den hier behandelten sechzehn
Lebensqualitäts-Sphären erst eine noch reichlich grobe Landkarte des Phänomens
entwickeln konnten, der eine detaillierte Kartographie jeder einzelnen Sphäre
folgen muss, sehen wir, dass es noch viel zu klären und zu erforschen gibt.
Dabei
hilft, wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, das Stellen von Fragen. Wenn
es denn die richtigen sind. Solche Befragungs- und Analyse-Instrumente zu
entwickeln, die eine detaillierte Landkarte aller Lebensqualitäts-Sphären
ermöglichen, steht am Anfang jeder Ertrag versprechenden Forschung über
Lebensqualität. Entsprechende Fragebogen (samt dazu gehöriger
Auswertungs-Software) dienen zwei Zwecken zugleich: der individuellen
Selbst-Diagnose ebenso wie der Gesellschafts-Diagnose.
Und
beide Ebenen lassen sich fruchtbar verbinden: Wenn ich meine eigenen Antworten
und Werte mit jenen der Gesamtheit oder von speziell definierten Gruppen
vergleichen kann, erfahre ich eine zusätzliche Dimension. Und uns mit anderen
vergleichen tun wir eh fürs Leben gern...
Es
ist nicht so, dass es zum Thema Lebensqualität keinerlei einschlägige Forschung
gäbe. Sie ist bisher nur sehr limitiert und entsprechend oberflächlich. Und so,
wie ich den klassischen Wissenschaftsbetrieb kenne, können wir schwarz werden,
bis er endlich genügend Transparenz über Lebensqualität geschaffen hat. Was
schade wäre, ist doch die gegenwärtige Zeit von Krisen und Umbrüchen wie kaum
eine andere geeignet, den Lebensqualitäts-Memen zusätzlichen Schub zu
verleihen. Wir haben also keine Zeit zu verlieren, um auf die dafür nötige
Transparenz durch Wissen zu warten. Was also ist zu tun?
Ich
wüsste schon was. Genauer gesagt habe ich eine Vision anzubieten. Und Visionen
sind in meinem Verständnis bekanntlich der Ort, an dem wünschbare und denkbare
Zukünfte zusammenkommen. Wie jede gute Vision hat also auch diese durchaus
Realisierungschancen – sofern sie über genügend Ansteckungskraft verfügt.
Im
Zentrum der Vision steht eine gemeinnützige Stiftung. Ihr Name ist Pro
Qualitate Vitae. Zu Deutsch als
einfach „für Lebensqualität“. Das sagt schon alles. Lateinisch wird die
Stiftung getauft, weil sie von Anfang nicht auf eine Sprachkultur eingeschränkt
werden soll. Und als gemeinsame Sprache gibt es ja nun wirklich nicht nur
Englisch. Das gute alte Latein war lange Zeit die verbindende Sprache von ganz
Europa. Und der offizielle Name der viersprachigen Schweiz ist deshalb
ebenfalls lateinisch: Confoederatio Helvetica. Daran will die Sprachwahl der
Stiftung erinnern.
Gemeinnützig
muss die Stiftung deshalb sein, weil sie einen Beitrag zum öffentlichen Wohl
leistet: Sie schafft Wissen über Lebensqualität und macht dieses Wissen allen
Interessierten zugänglich, ohne damit kommerzielle Interessen zu verfolgen.
Zweifellos ist das ein Dienst an der Allgemeinheit, also ein Service public.
Und damit dieser Dienst unabhängig von irgendwelchen Interessenlagen erfolgen
kann, braucht es dafür als Trägerschaft eine unabhängige gemeinnützige
Stiftung.
Und
schweizerisch müsste diese sein. Hinter diesem Element meiner Vision steckt
meine ganz spezielle Form von Patriotismus: Die Schweiz, mein Land, ist zum
einen reich genug, um sich den nächsten Schritt der Evolution leisten zu
können, der mit Sicherheit in die geschilderte Richtung von stärkerer
Orientierung am Leitwert Lebensqualität gehen wird. Und sie hat zudem genügend
lange davon profitiert, dass wohlhabende Leute aus aller Welt, die so gierig
waren, dass sie keine Steuern zahlen wollten, ihr Scherflein im Lande des
Bankgeheimnisses in Sicherheit brachten. Darüber moralisch zu urteilen ist
nicht meine Sache, aber ich würde es als kraftvolles Signal der Schweiz an die
Welt betrachten, wenn sie jetzt ihren Beitrag zum Werte-Wandel leistet.
Im
Idealfall wären es also einsichtige Menschen aus dem Bankensektor, die sich
zusammentäten und der Stiftung Pro Qualitate Vitae das nötige Kapital zur
Verfügung stellten. Doch weil der Idealfall selten eintritt, sind natürlich
auch andere Bürgerinnen und Bürger dieses Landes willkommen, die, als Mäzene,
nicht als Sponsoren, die immer eine direkte Gegenleistung erwarten, nicht nur
über das nötige Kleingeld verfügen, sondern auch über die Einsicht, dass die
Schweiz sich selbst einen großen Gefallen tut, wenn sie Verantwortung für die
Zukunft der Welt übernimmt. Nicht, indem sie dieser Ratschläge erteilt, sondern
indem sie Wissen erarbeitet und verbreitet.
Genau
dies ist die Aufgabe der Stiftung. Sie soll Erhebungs- und Analyseinstrumente
entwickeln, testen und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Sie soll möglichst viel Antworten zu allen Fragen rund um Lebensqualität
sammeln und so die Möglichkeit des Vergleichs zwischen einzelnen Gemeinschaften
und Gruppen schaffen. Und diese Forschungsergebnisse soll sie publik machen,
primär natürlich via Internet, aber auch durch gedruckte Medien, Beiträge in
öffentlichen Medien, Vorträge und ähnliches.
Wenngleich
die Basis der Stiftung in der Schweiz liegt, heißt das natürlich nicht, dass
ihre Aktivitäten an den Landesgrenzen Halt machen sollen. Eine gesamteuropäische
Perspektive ist von Anfang an Teil ihrer kulturellen DNA. Und wenn sich später
auch andere Gegend für Transparenz in Sachen Lebensqualität interessieren,
dürfte das ganz in ihrem Sinne sein.
Aufklärung
im besten Sinne ist also die Aufgabe der Stiftung in meiner Vision. Ob auf
diesem Weg oder in der bisherigen bescheideneren Version, bleibt mir das ein
Herzensanliegen. Mit anderen Worten: Ich bleibe am Ball. Und hoffe, dass auch
Sie weiterhin dabei sind...