Interview
mit dem Autor
Porträt: Otto
Richter
Wie sind Sie auf die Idee
gekommen, einen Kreta-Roman zu schreiben?
Nun, ein Teil der Antwort
findet sich im Buch selbst... Wie jeder, der gerne und viel schreibt,
habe auch ich immer wieder mal den Traum geträumt, einen Roman
zu verfassen. Und auf Kreta kamen mir ein paar Ideen dazu. Da wollte
ich es einfach wissen. Oder salopper formuliert: Den Kreta-Roman, den
ich gerne lesen würde, habe ich bisher nicht gefunden. Da habe
ich ihn eben selber geschrieben ...
Schildern Sie sich im
Roman denn selbst?
Wie Sie bemerkt haben werden,
sind die beiden männlichen Helden vierzig bzw. über siebzig
Jahre alt. Da ich Mitte fünfzig bin, passt das schon von daher
nicht zusammen. Natürlich habe ich selbst Erlebtes und selbst Gedachtes
verarbeitet, aber als Schlüsselroman lässt sich das Ding nicht
lesen.
Ihr Roman spielt genau
in der Mitte des ersten Jahrzehnts unseres 21. Jahrhunderts. Erschienen
ist er erst jetzt, im Jahr 2008. Warum diese Verzögerung?
Geschrieben habe ich zwei
Drittel des Buchs tatsächlich im Sommer 2005. Dann kam anderes
dazwischen, und die Arbeit ruhte fast ein Jahr, ehe ich den Roman im
Sommer 2006 fertig geschrieben habe. Dann allerdings war ich ziemlich
verunsichert und habe das Ding erst mal zwei Jahre lang in den Tiefen
meiner Festplatte ruhen lassen. Dann, im Sommer 2008, habe ich eines
Abends mit Freunden von Kreta geschwärmt, was mich dazu angeregt
hat, nach Hause zu gehen und meinen Entwurf endlich wieder zu lesen.
Und er hat Ihnen gefallen?
Wie man sieht, sonst hätte
ich das Buch kaum herausgebracht ... Es war nun nicht so, dass ich plötzlich
ein Meisterwerk vor mir gesehen hätte, aber ich fand es insgesamt
doch ganz gelungen.
Erheben Sie denn irgendwelche
literarischen Ansprüche damit?
Um Gottes Willen, nein...
Wobei mir, ehrlich gesagt, der Stempel "Literatur" ohnehin
ziemlich wurst ist, Hauptsache, eine Lektüre regt an und unterhält
zugleich.
Soll sie auch verwirren?
Ihr Buch enthält ziemlich verschiedene Ebenen, legt falsche Fährten,
streift unterschiedliche Genres. Ist das nicht ein bisschen viel postmoderne
Beliebigkeit?
Wer sagt denn, was zu viel
ist? Unsere heutige Wirklichkeit ist nun mal vielschichtig und widersprüchlich,
und genau das wird auf Kreta wie in einem Vergrösserungsglas noch
einmal deutlicher sichtbar. Wenn ich also meinem Thema gerecht werden
wollte, konnte ich gar nicht anders als unterschiedliche Ebenen und
Facetten zugleich zu schildern. Das mag manchen verwirrlich erscheinen,
aber genau so erlebe ich die Realität - meine und jene der Welt.
Was ist denn Ihr Thema?
Interessanterweise habe ich
diesen Sommer ein kleines Sachbuch geschrieben, dessen Anfänge
ebenfalls auf das Jahr 2005 zurück gehen: "Wir
sind mehr - Über die Evolution von Identität und Sinn".
Erst durch die Kombination beider Bücher ist mir klar geworden,
dass auch mein Roman letztlich um diese beiden Schlüsselthemen
kreist: Identität und Sinn. Es geht dabei um eine individuelle
Entwicklungsgeschichte, und es geht um die Identität Europas bzw.
um eine europäische Sinnsuche an der Wurzel.
Warum haben Sie dazu nicht
einfach ein weiteres Sachbuch geschieben?
Vielleicht, weil man Kreta
auf rationale Weise allein nicht fassen kann, da sind immer viele Gefühle
dabei, und diese lassen sich nun mal besser in einer erzählerischen
Form schildern. Zudem hat es einfach Spass gemacht, mich für einmal
nicht an die Zwänge logischer Argumentationsstränge ketten
zu müssen, sondern meine Figuren von einer Situation in die nächste
schicken zu können, auch wenn diese einen magischen oder auch nur
besoffenen Charakter haben...
War der Spssfaktor auch
ausschlaggebend dafür, dass Sie das Prinzip des Selbstreferenziellen
lustvoll pflegen?
Sie meinen, dass ich Bilder
beschreibe, die dann im Buch tatsächlich auftauchen? Oder dass
gar mein Bild-Text-Band Mein
Kreta eine nicht ganz unwichige Rolle im Geschehen spielt? Ja, da
hat meine Lust am gedanklichen Spiel tatsächlich mitgespielt. Und
zugleich handelt es sich natürlich auch um einen Verweis auf eine
faktische Realität, in der sich dank Internet tatsächlich
mehr und mehr alles auf alles bezieht, also auch auf sich selbst...
Ich weiss nicht, ob ich
diese kryptischen Worte wirklich verstanden habe, deshalb zu einer konkreten
Frage in diesem Zusammenhang: Gibt es den im Buch geschilderten Zusammenschnitt
kretischer Musik wirklich?
Ja. Interessenten melden
sich am besten per Mail ...
Könnte Ihr Roman
auch anderswo spielen als auf Kreta?
Theoretisch schon, faktisch
nein. Kreta ist für mich nun mal ein ganz besonderes Eiland, das
einen beträchtlichen Teil seiner Anziehunskraft auf mich gerade
aus seinen Widersprüchen, ja seiner Zerissenheit bezieht. Dass
Xeno, der "Held" meines Buchs, seine eigene innere Zerissenheit
gerade auf Kreta erfährt und auch überwindet, ist deshalb
schon kein Zufall. Was nicht heisst, dass auch mein nächster Roman
wieder dort spielen muss...
Gibt es denn entsprechende
Pläne, etwa für eine Fortsetzung der doch sehr offen endenden
Liebsgeschichte zwischen Xeno und seiner Xenia?
Nein. Jedenfalls nicht derzeit.
Aber man soll bekanntlich nie nie sagen ...
Da sind wir ja alle sehr
gespannt. Zunächst mal viel Erfolg mit diesem Buch. Und danke für
das Gespräch.
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