Gigerheimat: Ein Selbstportrait
 

 

Andreas Giger: Der eigen-sinnige Prototyp

Ein Selbstportrait in Hypertext*

Von Xenia Futura**

*Sie können diesen Text lesen wie gewohnt - dann drucken Sie ihn vielleicht am besten aus, er ist nicht ganz kurz... Oder Sie können ihn als Hypertext lesen, das heisst, überall dort, wo es Sie juckt, ein Thema vertiefter zu betrachten, wählen Sie den entsprechenden Link.

**Xenia Futura war einige Jahre lang als Sonderkorrespondentin aus der Zukunft für Andreas Giger tätig und geniesst derzeit einen Heimaturlaub in der Gegenwart. Als Alter Ego des Portraitierten ist sie bestens geeignet für ein Portrait, das Nähe und Distanz elegant kombiniert.

Eigensinnig ist sie schon, die Navigation auf seiner Homepage. Die Links zu den Hauptrubriken sind nicht etwa wohlgeordnet neben- oder untereinander angeordnet, sondern wild verstreut auf einem sogenannten Fraktal. Früher, erzählt Andreas Giger, sei dieses Bild auch die Startseite gewesen, ohne weiteren Kommentar. Dann habe er erkannt, dass es die Neuigkeiten auf der Homepage verdienten, auf der Startseite angekündigt zu werden, und so habe er es geändert, es sei ja schliesslich einer der Vorteile des Internets, dass man klüger werden könne und etwas anders machen, wenn sich das Alte überlebt hat.

Das Navigations-Fraktal hat Giger bei jener Umstellung bewusst beibehalten. Als ich ihn harmlos nach einer Begründung frage, lässt er gleich längere Erklärungen vom Stapel. Er erzählt davon, wie er den Fraktalen schon in der zweiten Hälfte der Achtziger Jahre begegnet und gleich von ihrer seltsamen Schönheit angezogen gewesen sei, eine Attraktion, die sich auch dadurch genährt hätte, dass die Grundlagen dieser Schönheit rein matematischer Natur seien. Nein, wirklich verstehen täte er davon nichts, aber eine Ahnung, worum es ginge, habe er schon, wenn von nichtlinearen Prozessen, fraktalen Dimensionen und Selbstähnlichkeiten die Rede sei, und die Ähnlichkeiten der Fraktale mit natürlichen Formen, etwa von Pflanzen, Bergen oder Wolken, seien schliesslich nicht zu übersehen.

Zudem hätten Ausschnitte aus einem Fraktal auch das Titelblatt eines Buchs geprägt, das in seiner Autorenlaufbahn nicht ganz unwichtig gewesen sei: Vom Chaos zur Ekstase, oder Bewusstseinserweiterung macht Spass. Er kramt für mich ein Exemplar davon aus einer tatsächlich nicht ganz kleinen Reihe mit seinen Büchern hervor, wobei, wie er gleich anfügt, die Liste der nie veröffentlichten Buchmanuskripte mindestens so lang sei. Auch das Chaos-Buch sei längst nicht mehr erhältlich, und dennoch bekäme er immer noch gelegentlich Mails oder Post von begeisterten Lesern, oder doch eher, wie er leise lächelnd hinzufügt, von begeisterten Leserinnen.

Reifungszeit für Frühgeburten

Xenia Futura: Wie kommt es, Herr Giger, dass Ihre Bücher - von solchen Einzelreaktionen abgesehen - gelinde gesagt - kein grosser Erfolg wurden?

Andreas Giger: Ich sehe zwei Hauptgründe. Der erste ist, dass ich tatsächlich für den Buchmarkt zu eigensinnig bin, oder jedenfalls war. Ich passe mich in keine der vorhandenen Schubladen ein, sondern kombiniere unterschiedliche Themen und Stile ganz nach meinem eigenen Gusto. Eine Literaturagentin hat mir vor langer Zeit mal gesagt, ich schreibe belletristische Philosophie - oder umgekehrt, so genau weiss ich das nicht mehr - und das fände sie zwar persönlich ganz bewundernswert, aber auf dem Markt hätte es keine Chance, weil es eben buchstäblich in kein vorhandenes Regal im Buchladen richtig reinpasse.

Der zweite Grund ist: Ich bin mit meinen Themen immer zu früh. Angela, seit zwanzig Jahren meine Liebste, meinte jüngst, selbst auf meinem Grabstein würde wohl eines Tages stehen "Schon wieder zu früh!". Das wollen wir zwar nicht hoffen, aber Tatsache bleibt, dass mich Themen dann am meisten interessieren, wenn sie dem aufmerksamen Beobachter gerade mal in ihren Konturen sichtbar werden. In diesem Moment aber sehen erst wenige, dass es da überhaupt ein Thema gibt, und entsprechend gibt es kaum einen Markt dafür.

Ärgert Sie das machmal?

Früher schon. Im Laufe eines langen Lebens (nur so zur Information: Der Mann ist gerade mal Mitte Fünfzig... X.F.) habe ich jedoch gelernt, dass das auch Vorteile hat. Wenn ein Thema nämlich dann endlich so weit gereift ist, dass es auf breite Aufmerksamkeit stösst, habe ich mit ihm schon ein paar Jahre lang beschäftigt und bin deshalb kompetenter als jene, die das Thema für sich gerade erst entdeckt haben.

Mit Verlaub gefragt: Zahlt sich das aus?

Mittlerweile schon. Ohne falsche Bescheidenheit glaube ich, dass die Zuhörer meiner Vorträge spüren, dass ich weiss, wovon ich rede. Etwas von der "Gnade, des immer zu früh Seins" kommt da rüber. Wenn ich Nachhaltigkeit, Geduld oder langen Atem predige, merkt man, dass das Werte sind, die ich erlebt und erlitten habe.

Merken Sie das auch bei Ihren Publikationen?

So langsam ja. Es gibt Verleger, die auch mal etwas Ungewohntes wagen, und die darauf vertrauen, die Strategie des langen Schwanzes am Ende sehr wohl auch aufgehen kann.

Was ist das denn?

Ich zitiere aus der "SonntagsZeitung" vom 9. Oktober 2005:

"Der "Long Tail" ist der flache Teil einer Verkaufskurve. In der Grafik links sind die Bestseller, im flachen Teil rechts die zahlreichen Nischenprodukte. Mit dem Online-Handel, riesigen Sortimenten und Empfehlungssystemen verschiebt sich die Nachfrage in den "Long Tail", den "langen Schwanz"." Das gilt gerade für Bücher und andere Publikationen besonders. Anders als Bestseller müssen Nischenprodukte wie meine auch nicht sofort verkauft werden, sie haben Zeit, bis ihre Zeit reif ist. Darauf vertraue ich, und allmählich färbt dieses Vertrauen auch auf einige interessante potenzielle Partner ab. Davon wird man in absehbarer Zeit mehr hören.

Dazu kommt natürlich die geniale Erfindung des Internets. Wenn ich Lust habe, mal wieder einen - oder sogar zwei - Gedanken zu formulieren, kann ich das Ergebnis sofort und ohne jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen, auf meiner Homepage publizieren, das heisst, es öffentlich zugänglich machen, oder jedenfalls "to whom it may concern", also jenen, die etwas damit anfangen können. Dass es solche Menschen gibt, und dass meine Homepage bei manchen Lust auf mehr weckt, erfahre ich immer mehr.

Können Sie uns ein Beispiel dafür nennen, wo Sie sich früh mit einem Thema beschäftigt haben, dass jetzt allmählich ins öffentliche Interesse rückt?

Nehmen Sie den Namen meiner Homepage. Als ich sie damals "gigerheimat" getauft habe, meinten viele, das sei doch spiessig, Heimat wecke doch nur altertümliche Assoziationen. Ich bin stur und eigensinnig dabei geblieben, nicht nur, weil eine Homepage nun mal wörtlich übersetzt eine Heimatseite ist und für mich meine Homepage die beste Möglichkeit, meine innere geistige Heimat nach aussen abzubilden, sondern auch, weil ich früh erkannt habe, dass Heimat Zukunft hat.

Heimatgefühle

Ich gestehe, dass auch ich zunächst etwas befremdet war über das Wort Heimat in einer Internet-Adresse. Dann habe ich mich in der entsprechenden Rubrik auf Gigers Homepage umgesehen und zumindst gespürt, dass Heimat in seinem Leben und Schaffen eine wichtige Rolle spielt. Als ich ihn dann in seiner Dichter- und Denkerklause über dem Landgasthof "Hirschen" unweit des appenzellischen Dorfes Wald besucht habe, habe ich auch begriffen, dass man an diesem Ort eine kreative Heimat finden kann. Wenn man es denn mag, vorwiegend allein, doch ziemlich abseits richtig "am Land" zu leben, wie die Österreicher sagen, und das erst noch, auf über tausend Metern über Meer, in einem doch etwas rauheren Klima.

Bei Andreas Giger treffen all diese Voraussetzungen zu. Er relativiert zunächst: Es gäbe sehr wohl auch im Dorf Kontakte. Die nächste Stadt und der nächste Flughafen seien nicht weit, es gäbe nicht nur Strassen, sondern auch ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz, weshalb er sich keineswegs von der Welt abgeschnitten fühle, einer Welt, die er wegen beruflicher wie privater Kontakte ohnehin des öftern bereise.

Zur Verarbeitung und kreativen Umsetzung der in der Welt gewonnenen Eindrücke benötigt Andreas Giger aber einen Ort, der ihm Heimat bedeutet, Basislager gleichsam. Und damit ist er längst nicht mehr allein. Er zeigt mir das Titelblatt einer neuen Ausgabe des renommierten Magagzins GEO, auf dem unübersehbar steht: "Heimat - warum der Mensch sie wieder braucht".

Das Beispiel überzeugt mich. Dank der im Internet hinterlassenen Spuren kann Giger beweisen, dass er schon vor zehn Jahren dem Thema Heimat eine grosse Zukunft prophezeit hat. Was sich jetzt bestätigt. Wobei Giger lachend hinzufügt, die grosse Krux der Propheten sei, dass sie immer wieder vergässen, wie lange es dauern könne, bis eine an sich richtige Vorhersage dann auch wirklich einträfe. Auch er selber müsse immer wieder aufs Neue lernen, dass alles etwas länger dauert als geplant.

Ein Zweites wird mir an diesem Beispiel klar. Giger beschäftigt sich mit seinen Themen nicht nur früh und vor anderen als Beobachter und Erforscher des Abstrakten, sondern er lebt diese Themen auch selber. Es ist jetzt ein Dutzend Jahre her, dass er für sich selber merkte, es sei Zeit, sich eine Heimat zu suchen, einen Ort, an dem er Wurzeln schlagen kann und der ihn zu geistigen Höhenflügen anregt. Er hatte vorher an unterschiedlichen Orten gelebt, in Städten und auf dem Land, und sieben Jahre lang auch ausserhalb seines Heimatlandes, konkret in und um München, ehe es ihn, mehr oder weniger ""zufällig", in seine jetzige Wohngegend verschlug, wo er die gesuchten Wurzeln schlagen konnte, vor allem in seiner jetzigen Wohnung mit ihrer - ich gebe es neidvoll zu - phantastischen Über- und Weitsicht.

Giger legt Wert darauf, dass diese gelebte Auseinandersetzung mit einem Thema wie Heimat keineswegs bewusst und rational geplant war. Vieles sei ihm tatsächlich zugefallen, zu vielem hätte ihn eine kaum bewusste Intuition getrieben. Das ändert nichts daran, dass er faktisch zu einem Prototypen des zeitgenössischen Heimat-Suchenden (und in seinem Fall auch Heimat-Findenden) geworden ist.

Das Plaudern über seine zweite Heimat München, wo seine Liebste lebt, oder seine dritte Kreta, über das er unlängst ein Bild-Text-Buch publiziert hat, führt uns zu einem weiteren Beispiel für sein Dasein als Prototyp: Er lebt, nach zwei konventionellen Ehen, aus denen, wie er sagt, zwei erfreulich gedeihende, mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen sind, seit vielen Jahren eine Beziehung auf Distanz und gehörte deshalb sehr früh zur jetzt rasant wachsenden Schar jener, die in anderen Formen zusammenleben als in der gewohnten Kleinfamilie.

Von der Ich-AG zur Ich-Holding

Ähnliches wie für sein Privatleben gilt auch für Gigers Berufsleben: Von einer unbedeutenden Ausnahme von wenigen Monaten als Angestellter direkt nach seinem Studium hat er immer als freier Selbständiger gearbeitet. Er war, lange bevor es das Wort gab, damit ein früher Prototyp der Ich-AG.

Herr Giger, in einer früheren biographischen Notiz zu Ihnen kann man lesen, dass Sie im Verlaufe Ihres Lebens schon als alles Mögliche tätig waren: Markt- und Meinungsforscher, Politiker, Journalist, Magazin-Herausgeber, Lektor, Unternehmensberater, Management-Trainer, Ghostwriter, Coach, Hausmann, allein erziehender Vater, Internet-Redaktor und Internet-Konzept-Designer. Müsste man da nicht eher von einer Ich-Holding sprechen als von einer Ich-AG?

Gute Idee. Zumal noch einiges hinzugekommen ist: Zukunfts-Philosoph. Werte-Philosoph. Photograph. Buchgestalter. Vortragsredner. Ich befrage seit zehn Jahren eine Bewusstseins-Elite namens SensoNet und mache daraus Zukunftsstudien, seit kurzem gibt es dazu eine auch von mir erfundene Ergänzung in Form einer Avantgarde des Marketings (MARKETING MORGEN). Und einiges haben wir jetzt sicher noch vergessen.

Und das alles machen Sie wirklich ganz allein?

Natürlich gibt es Projekte, für die es punktuell und temporär Partner gibt, aber ansonsten mache ich tatsächlich so viel wie möglich am liebsten allein. Hauptgrund dafür ist natürlich mein Eigensinn. Ich möchte meine Projekte, die ja gleichsam meine geistigen Kinder sind, so gestalten können, wie es meinem und ihrem eigenen Sinn entspricht. Doch dazu kommt etwas anderes: Die Strategie, alles, was irgendwie geht, selber zu machen, ermöglicht es mir, immer weder etwas Neues zu lernen. Etwa, wie man eine Internetseite von A bis Z selber macht und ins Netz stellt. Oder wie man einen Bildband vom Manuskript zur fertigen Druckvorlage bringt. Und das macht mir einfach Spass.

Führt das nicht zwangsläufig zu sehr simplen Lösungen? Sie können als Dilettant und Amateur doch gar nicht alles bis ins letzte Detail richtig beherrschen.

Wissen Sie, was ein Amateur ist? Wörtlich ein Liebhaber. Das ist nicht die schlechteste Art, an etwas heran zu gehen. Aber ernsthaft: Es führt nicht zu simplen, aber zu einfachen Lösungen. Bei meinen beschränkten Möglichkeiten kann ich tatsächlich gar nicht anders, als alles Überflüssige radikal wegzulassen. Ich erlebe das als sehr heilsam: Weniger ist eben tatsächlich oft mehr, und die einfachsten Lösungen sind ebenso oft auch die schönsten und elegantesten.

Prototyp für die Zukunft der Arbeit

Beim Plaudern über Gigers Tätigkeitsspektrum und Arbeitsphilosophie kommen mir weitere Begriffe aus dem Vokabular jener in den Sinn, die versuchen, die Zukunft der Arbeit zu deuten: Kreative Klasse. Knowledge-Worker. Unabhängige, flexible Einzelkämpfer, die auf dem freien Markt ihr Portfolio an Wissen und Kompetenzen für begrenzte Projekte anbieten, wohl wissend, dass nicht eine einzelne Fähigkeit ihre Einzigartigkeit und damit Unverwechselbarkeit ausmacht, sondern eine eigenständige, eigenwillige und eigensinnige Mischung aus unterschiedlichen Interessen und Talenten. Moderne Tagelöhner.

Als Prototyp für jene Zukunft der Arbeit, die einer wachsenden Zahl von Menschen bevorsteht - wenn auch keineswegs allen, wie Andreas Giger selber einschränkend anmerkt - geht er mit seiner Biographie allemal durch. Und weil er über diese Daseinsform auch oft und gern reflektiert, das heisst, nach- vor- und querdenkt, sind seine Aussagen zum Thema immer sowohl praktisch wie theoretisch fundiert, und als Zuhörerin ist es leicht zu spüren, dass sich diese beiden Ebenen gegenseitig nicht nur durchdringen, sondern auch befruchten.

Herr Giger, wollten Sie nie eine normale Karriere in einer normalen Institution machen?

Ach, wissen Sie, es gab natürlich Momente, in denen völlig unklar war, wie es weiter gehen und wovon ich eigentlich leben sollte, und da habe ich schon manchmal von mehr Sicherheit geträumt. In solchen Momenten habe ich gelegentlich einen Anlauf unternommen, doch es ist nie was draus geworden, und darüber bin ich nachträglich sehr froh. Ich wäre mit einer normalen grossen Institution nie glücklich geworden, was wohl umgekehrt auch stimmt.

Nein, es ist noch mehr: Ich wäre überall wahnsinnig geworden. Ich habe ja nun in viele Instituitionen reinsehen können. Die Wirtschaft, wo es angeblich um ökonomische Verwendung von Ressourcen geht: ein Hort der sinnlosen Verschwendung von Potenzialen. Die Wissenschaft, wo es angeblich um die Annäherung an die Wahrheit geht: eine Ansammlung von Tunnelblicken, die erst verschwinden, wenn die Amtsinhaber sterben. Die Medien und Kommunikationsagenturen: geprägt von einer "not invented here!-Mentalität". Nix für ein geistig sensibles Pflänzchen wie mich.

Was würden Sie denn als grössten Vorteil Ihrer Art zu leben und zu arbeiten bezeichnen?

Meine Freiheit und Unabhängigkeit. Die Möglichkeit, ausgetretene Denkpfade verlassen, Gedanken und Ideen neu mischen zu können. Die Bandbreite meiner Ausdrucksformen entdecken und verfeinern zu können. Und so.

(Eine kleine, pummelige, eigenwillig getigerte Katze taucht auf, springt auf seinen Schoss, lässt sich genussvoll streicheln und schnurrt heftig. Die beiden wirken wie ein sehr gut aufeinander eingestimmtes Paar. Er stellt sie mir als Namensvetterin vor: Auch sie hiesse Xenia, weil sie ihm als Fremde vor Jahren zugelaufen sei.)

Das gehört natürlich auch zu den Vorteilen: Dass ich Xenia, meine vierbeinige Muse, streicheln kann, so oft und so lange sie will.

Gehört nicht eine Menge Selbstdisziplin dazu, so viele Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen, statt einfach mit der Katze rumzuhängen?

Schon. Nur ist das kein Problem. Für alles, womit ich mich beschäftige, interessiere ich mich wirklich. Ich leiste es mir, nur das zu tun, worin ich wirklich gut bin. Ich weiss, dass ich etwas zu sagen habe, ohne die Wahrheit für mich gepachtet zu haben. Ich bekomme immer wieder positives Feedback. Kurzum: Meine Arbeit macht mir Freude, und sie macht Sinn, meinen eigenen Sinn. Da fällt es leicht, das Nötige (und einiges mehr) in sie zu investieren. Falls man denn überhaupt von Arbeit sprechen will. Für mich sind die Grenzen zwischen Arbeit und Vergnügen mehr als fliessend...

Im Übrigen habe ich zwar auch termingebundene Aufträge und habe diese bisher immer pünktlich abgeliefert, doch bei meinen eigenen Projekten kann ich mir die Freiheit nehmen, ihnen die jeweils nötige Zeit der Reifung zu geben. Bis ihre Zeit reif ist, kann es manchmal dauern. Dann werden Geduld und bewusste Langsamkeit (Entschleunigung) zu Tugenden.

Reife: wie ihn ein Thema fand

Womit wir bei einem weiteren Stichwort wären, das Ihnen wichtig erscheint: Reife. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Vo zwei Seiten. Zum einen war für jemanden wie mich, der sich intensiv mit zukünftigen Entwicklungen beschäftigt, schon vor etlichen Jahren absehbar, dass die älter werdende Gesellschaft tatsächlich ein Megatrend ist: unaufhaltsam, lang andauernd, alle gesellschaftlichen Bereiche beeinflussend. Klar war mir auch bald, dass ein entscheidendes Element dieser Entwicklung der Wandel unseres Bildes von Alter und Altern sein würde. Statt nur die Nachteile des älter Werdens ins Auge zu fassen, würde man vermehrt auch einen Blick für die Chancen und Potenziale entwickeln. Und diese Chancen und Potenziale des älter Werdens lassen sich in einem Wort zusammenfassen: Reife.

Zum zweiten gab und gibt es natürlich einen ganz persönlichen Grund. Wie wir alle werde auch stetig älter. In meinem Naturell liegt es nicht, mich über Unausweichliches zu beklagen, lieber suche ich darin einen Sinn. Und den sehe ich darin, dass das älter Werden die Chancen zur Reifung enthält. Diese Idee eines Reifungsprozesses sehe ich in meinem Leben gleichsam einen roten Faden bilden. Leicht überspitzt könnte ich sogar sagen: Ich reife, also bin ich.

Als gelernter Sozialpsychologe hat mich schon immer die Schnittstelle zwischen Individuum und Geslleschaft interessiert. Reife und Reifung ist ein Thema, das genau dort angesiedelt ist, denn beide werden immer älter, wir als Individuen ebenso wie die Gesellschaft als ganzes.

Sie betreiben zum Thema eine eigene Homepage, wenn ich das richtig sehe, in Gratisarbeit und weitgehend allein. Was treibt Sie dazu?

Nun, es gibt ein Redaktionsteam, das mich unterstützt, aber sonst stimmen Ihre Beobachtungen. Was treibt mich dazu? Nun, wohl ein innerer Impuls, Impulse zu geben. Denkanstösse, die vielleicht einen Bewusstwerdungsprozess in Gang setzen. Und weil wir wie erwähnt alle älter werden und dafür Sinn und Identität suchen, sind solche Impulse nötig. Wenn ich auf Grund meiner gelebten und gedachten Erfahrung einigen Menschen etwas davon geben kann, ist mir dies Motivation genug.

Im Übrigen lerne ich durch die Arbeit an der Internet-Plattform über Reife natürlich immer wieder auch etwas dazu, das ich in meinen Publkationen und Vorträgen nutzen kann. Ich bin mein kosbarstes Produktionsmittel, also investiere ich auch ständig in mich...

Vom Zukunfts- zum Werte-Philosoph

Seine eigene, und das heisst oft genug seine eigensinnige, Entwicklung und Reifung konsequent voranzutreiben: Das scheint ein Lebensmotto dieses Mannes zu sein. Das heisst für ihn auch, dass jede Erkenntnis, die er absondert, zwar jeweils dem besten momentanen Wissen und Gewissen entspricht, aber schon morgen von etwas Besserem abgelöst werden kann. Was keineswegs bedeutet, dass er nicht zu seinen Werken steht. Er würde sie natürlich heute etwas anders schreiben und gestalten als damals, doch die Kernthemen und die Kernthesen blieben unverändert.

Er zeigt mir zur Illustration seine Zukunftsstudien aus den letzten Jahren: Future Living (Vor uns das Love-Age?). Megatrend Reife. Der Simplify-Trend. Lebensqualitäts-Märkte. Werte-Wandel. Unterwegs zum Werte-Marketing?. Von Geld zu Geist. Mir kommt ein Verdacht:

Könnte es sein, dass Ihr eigentlicher Beruf gar nicht Zukunfts-Philosoph ist, wie es auf Ihrer Visitenkarte steht, sondern Werte-Philosoph? Sie haben diesen Begriff während unseres Gesprächs selber gebraucht, und bei all Ihren Studien geht es doch eigentlich immer um Werte.

Sie haben mich erwischt. Darüber denke ich zur Zeit tatsächlich intensiv nach. Wobei es witzig ist, dass die Anstösse für neue Berufsbezeichnungen bei mir immer von aussen, also von anderen Leuten, kommen. Das war schon so beim "Vor- und Querdenker" und beim Zukunfts-Philosophen, und es könnte jetzt wieder sein. Zum "Werte-Philosophen" haben mich nämlich die Veranstalter des Handelstags 2005 der Wiener Wirtschaftskammer befördert, bei der ich das Hauptreferat hielt.

Und es könnte passen. Tatsächlich beschäftige ich mich seit geraumer Zeit, wenn es um Zukunft geht, hauptsächlich mit der Entwicklung von Werten, entweder allgemein oder speziell mit einzelnen Werten. Auf der Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammen hält, oder noch besser, den Menschen, bin ich unweigerlich immer wieder auf die Werte gestossen, und so bilden sie sicher das zentrale Thema sowohl meines eigenen Denkens und Schaffens als auch meiner Befragungen der Avantgarden von Markt und Marketing.

Was bei einem allfälligen Wechsel der Berufsbezeichnung bleiben würde, ist der Philosoph...

Ja, sicher. Nach wie vor steht für mich das Fragen und Hinterfragen im Zentrum, der Versuch des Überblicks über die grossen Zusammenhänge, die überraschende Kombination von Wissen und Ideen.

Und wo bleibt die Zukunft?

Noch immer interessiert mich weniger, was ist, als vielmehr, was wird, und das verweist automatisch auf die Zukunft. Ich will also weiterhin "gucken, was läuft", was ich vor vielen Jahren mal ganz spontan als mein Lebensmotto geäussert habe - und es stimmte! Ich konzentriere mich jetzt einfach auf meine Kernkompetenz und überlasse andere Zukünfte, etwa die technischen, jenen, die davon mehr verstehen. Dass es mir dabei thematisch zu eng würde, steht nicht zu befürchten. Werte beeinflusen zentral alles menschliche Verhalten, ob bei der Arbeit oder im Privatleben, beim Konsum, der Kommunikation oder Mobilität. Allein schon mein Interesse am Thema Werte-Marketing gewährleistet, dass ich nach wie vor in viele interessante Felder hineinblicken können werde.

Nach den eigenen Werten leben

Die Katze ist längst wieder von Gigers Schoss gehüpft. Wir nutzen die letzten Sonnenstrahlen für einen kleinen Bummel in der wirklich bezaubernden Landschaft. Er erzählt begeistert davon, wie er mit Versuch und Irrtum schliesslich rausgefunden hätte, dass er diese ihn an ein fraktales Muster erinnernden chaotischen Hügellinien brauche, um sein Denken auf ähnlich chaotische Pfade zu schicken, in der Stadt gäbe es nur Geraden und Rechtecke, und quadratisch wolle er nun mal nicht denken.

Das gelte natürlich nur für ihn, er wolle diesen Wert niemandem aufdrängen. Natürlich habe es eine Weile gedauert, bis er realisiert habe, dass seine eigenen Werte keineswegs allgemeingültig seien. Freiheit und Unabhängigkeit zum Beispiel. Für ihn seien das immer schon höchste Werte gewesen, geprägt vielleicht durch seinen Vater. Er erzählt, wie dieser, ein einfacher Brauerei-Chauffeur, eines Tages das Angebot bekommen hätte, für das gleiche Gehalt im Innendienst zu arbeiten, um seine morsch gewordenen Knochen zu schonen. Nach zwei Tagen schon habe sein Vater darum gebeten, wieder seinen Lastwagen fahren zu dürfen, er brauche einfach die Freiheit, sich seinen Tag wenigstens im Kleinen selber einteilen zu können. Diesen hohen Stellenwert von Freiheit und Unabhängigkeit haben laut Giger keineswegs alle Menschen, viele ziehen Werte wie Sicherheit und klare Verhältnisse vor.

Meist erst im Rückblick sei ihm klar geworden, erzählt Andreas Giger, dass seine eigen-sinnige Lebensgestaltung eigentlich immer nur einem Ziel gefolgt sei: Sein Leben nach seinen eigenen Werten einzurichten. "Mein Leben nach meinen eigenen Werten gestalten zu können", das sei heut zu Tage das eigentliche Wesen von Selbstverwirklichung, eine Ansicht, die zumindest von der Bewusstseins-Elite der Gesellschaft mittlerweile weitgehend geteilt werde.

Als ich etwas erschrocken nachfrage, was er unter Elite verstehe, beeilt er sich zu versichern, es ginge dabei weder um Macht noch um Geld. Für ihn sei die Elite vielmehr jener Teil der Bevölkerung, der auf einem bestimmten Gebiet dem Rest einen Schritt (oder auch zwei) voraus sei. Die Bewusstseins-Elite zeichne sich folglich dadurch aus, dass sie sich früher als andere mit bestimmten Themen, wie zum Beispiel eben mit Werten, bewusst auseinandersetze.

Leitwert Lebensqualität

Herr Giger, gibt es einen Wert, auf den Sie - persönlich wie generell - besonderen Wert legen?

Oh ja: Lebensqualität. Meine Lebensqualität zu optimieren, ist die oberste Richtschnur meiner Lebensgestaltung, wobei das, nur nebenbei gesagt, als Einsiedler kaum denkbar ist, es braucht dazu schon auch ein vielfaches Miteinander. Aber wie dem auch sei, Lebensqualität als Leitwert, das ist nicht nur mein Lebensmotto. Wie ich aus meinen Studien weiss, gilt das für eine zunehmende Zahl von Menschen. Wobei natürlich Lebensqualität für alle etwas anders bedeutet, jeweils eine indivdiuelle Mischung wichtiger Werte, die alle unter dem Sammeldach der Lebensqualität vereint sind.

Also waren Sie auch hier mal weder Prototyp einer an Bedeutung zunehmenden Entwicklung?

Vielleicht, aber wenn, dann lange nur unbewusst. Sehen Sie, ich habe 1998 von meinem Zukunftsnetz eine Hitparade der heissen Werte erstellen lassen und dabei "Lebensqualität" doch glatt vergessen. Erst fünf Jahre später habe ich dann die Liste erweitert, und da schoss doch Lebensqualität gleich auf den zweiten Platz. Im Rückblick gesehen war Lebensqualität ganz klar der Leitwert meiner Lebensgestaltung (zusammen mit Eigenverantwortung, dem Spitzenreiter der Hitprade der heissen Werte), aber es hat gedauert, bis ich das auch bewusst gemerkt habe...

Kann man Lebensqualität eigentlich lernen?

Sagen wir mal, das Leben bringt sie einem bei, wenn man sich nicht allzu sehr dagegen wehrt... Ein Beispiel: Ich habe jahrzehntelang meine photographischen Gehversuche strikt als Hobby betrachtet. Bis ich gemerkt habe, dass meine Lebensqualität steigt, wenn ich diesen Teil meiner Talente in meine Arbeit, in meine kreative Tätigkeit integriere. Jetzt bilden meine Bilder zusammen mit meinen Texten eine untrennbare Einheit in meinen Websites und Buchprojekten.

Lebens-Kunst

Und eine unverwechselbare Einheit, wie ich hinzufügen möchte. Soweit ich etwas davon verstehe, entwickelt Giger mehr und mehr eine eigenständige Bildsprache, und die Kombination mit einer immer lakonischer werdenden Textsprache übt ihre Reize aus, jedenfalls auf mich, das kann Ihnen getrost anders gehen und würde auch Giger nicht kränken. Die beiden Bild-Text-Bände über sein Appenzellerland und über sein Keta nehme ich jedenfalls gerne nach Hause. Und freue mich auch schon auf die nächsten neuen Bilder auf seinen Websites.

Und es gibt noch mehr Grund zur Vorfreude, nämlich ernsthafte Pläne für eine eigene Buch-Edition im Rahmen eines renommierten Verlages mit Namen "Lebens-Kunst von Andreas Giger".

Herr Giger, sind Sie ein Lebens-Künstler?

Das wäre mir ein zu hoher Anspruch. Wenn schon, dann ein "Lebens-Kunsthandwerker". Lebens-Kunst ist nämlich tatsächlich in Wahrheit ein Kunsthandwerk, und das hat den grossen Vorteil, dass Lebens-Kunst nicht nur ein paar wenigen hochtalentierten Künstlern vorbehalten bleibt, sondern lernbar ist.

Kann man Lebens-Kunst also lernen wie in einem Kochkurs?

Nein. Oder vielleicht doch? Auch beim Kochen gibt es einige Grundregeln, die allgemein zu beachten sind, der grosse Rest aber ist indivdiuelles Kunsthandwerk, das jede und jeder für sich selbst entdecken muss. Dabei können Impulse von aussen helfen, seien es Texte oder Bilder. Ja, so gesehen gibt es Ähnlichkeiten. Und da sehe ich meine Rolle: Impulse geben, nicht als unbedingt zu befolgende Rezepte verstanden, sondern als Einladung, mal zu gucken, ob es bei diesem oder jenem Impuls "Klick!" macht.

Wird man Sie künftig also nur noch als Autor und Photograph von Lebens-Kunst-Büchern erleben?

Oh  nein, dazu interessieren mich neben der individuellen Komponente von Lebens-Kunst und Lebensqualität als Leitwert viel zu sehr auch die gesellschaftlichen Aspekte des Werte-Wandels und seine Auswirkungen, zum Beispiel auf das Marketing. Zusätzlich faszinieren mich andere Ausdrucksformen wie Reden oder Gespräche viel zu sehr, ja ich kann mir vorstellen, für mich auch noch mal neue Formen des Ausdrucks zu entdecken. Und schliesslich bin ich bekanntlich ein glühender Verfechter des "entschiedenen sowohl als auch".

Eigen-sinnige Impulse und schwarze Löcher

Sprachs und entliess mich in die hereingebrochene Nacht. Nicht ohne auf meine Frage, was ihn gereizt hätte "Saturday" von Ian McEwan zu lesen, das zuoberst auf seinem Bücherstapel lag, zu antworten: "In mehreren Buchbesprechungen wurde dem Thema viel Platz eingeräumt, dass der Held seit weit über zwanzig Jahren nicht nur eine offenbar glückliche Ehe führt, sondern auch nach dieser langen Zeit seine Frau will und begehrt, und zwar ausschliesslich, so sehr, dass er sich selber die Frage stellt, ob er eigentlich noch ganz normal sei, nie eine andere zu wollen. Im Buch selbst ist dieses Thema keineswegs das zentrale, aber ich fand es interessant, dass dieses Phänomen von den Kritikern so ungläubig bestaunt wurde. Dabei empfinde ich genau so wie diese Romanfigur. Es gibt das Phänomen also, und es könnte sein, dass ich auch hier mal wieder ein Prototyp war. Nicht von was Neuem, sondern von etwas, was es schon immer gab, was aber derzeit nur im Verborgenen blüht und wieder mehr ans Licht treten wird. Wir werden sehen."

"Eigensinn macht Spass!", hat Hermann Hesse mal gesagt, und auf Andreas Giger scheint diese Aussage zuzustimmen. Seine eigensinnige Lebensweise verursacht, wie ihm wohl bewusst ist, sowohl Kosten als auch Erträge, doch für ihn scheint die Bilanz aufzugehen, weil er darin seinen eigenen Sinn findet und deshalb im Einklang mit sich lebt. Als Protoyp für eine Lebensweise breiter Kreise eignet er sich kaum, dazu ist seine  Individualität wohl zu extrem ausgeprägt. Doch vielleicht gerade deswegen, weil er zusätzlich zu seinen intellektuellen Erkenntnissen immer auch von gelebter Erfahrung spricht, wenn er spricht, kann er jenen Menschen Impulse geben, die bereits mit ihrer eigenen eigen-sinnigen Lebengestaltung angefangen haben.

Zu Hause angekommen, surfe ich nochmal durch gigerheimat.ch und stelle fest, über wie viele Dinge wir nicht gesprochen haben. Ja, alle Facetten seines Seins und Tuns kennt wohl nur er selbst, und nicht einmal das ist gewiss. Es gibt in der Mandelbrot-Menge, Gigers Navigations-Fraktal, in der Mitte ein schwarzes Loch. Ob sich auch dahinter noch etwas verbirgt? Vielleicht fahre ich mit der Maus einfach mal drüber...

 

 

 

 

 

 

Selbstportraits in Bildern vom Oktober 2005

und Ausschnitte aus Fremdportraits über Andreas Giger

 

 

Der Zukunftsphilosoph betrachtet sein Ich, seine Lebensart immer auch als Beispiel für mögliche Entwicklungen. So lebt er selbst in einer Partnerschaft auf Distanz und ist vor kurzem auch als Fotograf künstlerisch in Erscheinung getreten.

Wenn hinlänglich zum Lebenskunstwerk aufgerufen wird, zur eigenverantwortlich-kreativen Ausgestaltung des Daseins, dann gehören Menschen wie Andreas Giger sicher mit dazu. Noch vor zwanzig Jahren wäre es wohl undenkbar gewesen, dass ein Zukunftsphilosoph irgendwo zwischen Bodensee und Säntis gewohnt hätte. Heute, im Internetzeitalter, erscheint seine Art, Leben und Arbeit zu verbinden, als glückliche Kombination, als hohe Lebensqualität.

APPENZELLER MAGAZIN, JULI 2001.

Text: LISA TRALCI. Titel: DER ZUKUNFT AUF DER SPUR. Ganzer Text hier.

 

 

 

 

"Andreas Giger ist keiner der mit den Wölfen heult", stellte Professor Christian Belz den Zukunftsphilosophen und Referenten im Hörsaal A 111 der Universität St. Gallen vor.

Der promovierte Sozialwissenschafter Andreas Giger bezeichnet sich bewusst als Zukunftsphilosophen und nicht als Zukunftsforscher. "Wie kann man etwas erforschen, das noch gar nicht da ist?", stellt er die rhetorische Frage. Christian Belz, Professor für Marketing an der HSG und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Marketing und Handel hatte Andreas Giger eingeladen, die öffentliche Vorlesungsreihe an der Universität St. Gallen zu eröffnen. "Andreas Giger ist ein interessanter Kopf, weil er auch Unkonventionelles in seine Überlegungen miteinbezieht", sagt Belz.

ERNST FELIX im St.Galler Tagblatt vom 11. Juni 2003. Ganzer Text hier.

 

 

 

 

Der Philosoph und die Heimat

Gelassen wirkt er auch im Gespräch, als hätte er nun in Wald den Ort gefunden, den er stets gesucht hat. Giger wohnt im "Hirschen" etwa einen Kilometer oberhalb von Wald. Die Ferien seiner Kindheit habe er bei seiner Tante im Toggenburg verbracht, und das scheint Spuren hinterlassen zu haben: Das Gigersche Heimatgefühl ist so stark ausgeprägt, dass er seine Homepage nach ihr benannt hat (www.gigerheimat.ch). 1993 ist er nach Rehetobel gezogen, seit zwei Jahren waltet er in Wald. Doch ist ihm das Appenzellerland vor allem geistige Heimat. Die chaotische Formenwelt der Landschaft korrespondiert mit seinem mehr organischen als geradlinigen Denken. Auf langen Spaziergängen erkundet er die äussere und zugleich seine innere Landschaft, und beides soll nun zwischen zwei Buchdeckeln versammelt im Appenzeller-Verlag erscheinen. Ein Band mit photographisch eingefangenen Eindrücken seiner Wanderungen, versehen mit eigenen Gedanken, dazu ein mysteriöser Titel: "A. ist überall". A wie Appenzell und A wie ...? Ein Lächeln. "Wenn Sie das meinen: Appenzell ist nicht am Arsch der Welt." Wenn schon, dann sei das Umgekehrte wahr: Die Welt ist in Appenzell. "Ich wohne hier, abgelegen oberhalb von Wald, und bin doch mit der ganzen Welt vernetzt." Und wenn er nach Deutschland oder sonst wohin müsse, dann sei die Postautostation nur ein paar Minuten von seinem Zuhause entfernt. "Auch im Wohnen müssen wir umdenken lernen." Alles eine Frage der Perspektive.

St. Galler Tagblatt, 6. April 2004, Seite 2 (Hintergrund)- Text und Interview: René Scheu. Ganzer Text hier.

 

 

 

 

Jemand, der sich seit 20 Jahren hauptberuflich mit der Zukunft beschäftigt, ist Andreas Giger. Der studierte Soziologe mit Doktortitel ist einer der Organisatoren der Luzerner Konferenz. Weil es den Beruf nicht gab, hat ihn Giger gleich selbst erfunden: Auf seiner Visitenkarte steht «Zukunftsphilosoph». Wenn er in seinem langen, grün-rot karierten Regenmantel die Halle betritt, sieht er aus wie ein altenglischer Professor auf Reisen. Giger hofft, dass dank der Konferenz dereinst eine europäische Vereinigung für Zukunftsforscher entsteht. Mit Sicherheit weiss er es jedoch nicht - wie so vieles, worüber er nachdenkt. Er beschäftige sich nicht mit Gewissheiten, sondern mit Wahrscheinlichkeiten, sagt Giger und vergleicht sich mit einem Meteorologen: «Die können auch nicht genau das Wetter vorhersagen.»

In der Rubrik "Kopf des Tages" im Tages-Anzeiger (Zürich), einer der renommiertesten Zeitungen der Schweiz, erschien am 12. Juli 2005 ein Portrait von mir, geschrieben von Anna Imfeld. Ganzer Text hier.

 

 

Wenn er die Zukunft selbst gestalten könnte, würde Giger vor allem im Arbeitsbereich einiges ändern: «Wir brauchen mehr Freiheit und Eigenverantwortung am Arbeitsplatz.» Auch die politische Kultur der Schweiz benötigt neue Impulse: «Wir müssen uns auf unsere gemeinsamen Werte besinnen.» Wie man das konkret umsetzt, überlässt der Philosoph den Verantwortlichen. Eines jedoch weiss er genau: «Wir können mit Gelassenheit in die Zukunft blicken.»

Aus demselben Portrait im TagesAnzeiger vom 12. Juli 2004. Ganzer Text hier.

 

 

Einen Überblick über meine Vita findet sich in einer Kurzbiographie.

Einen Blick von aussen auf mich finden Sie in einem Porträt, das pünktlich zu meinem fünfzigsten Geburtstag im Juli 2001 im "Appenzeller Magazin" erschienen ist.

Ein zweites Porträt, diesmal im Zusammenhang mit einer Vorlesung, erschien im Juni 2003 im St.Galler Tagblatt. Sie finden es hier.

Im April 2004 gibt es ein neues Porträt im St. Galler Tagblatt: "Der Mann, der die Zukunft raubt"

Im Juli 2005 erschien im TagesAnzeiger als Kopf des Tages ein Porträt namens Zukunft als Beruf